Der tapfere Präsident: Professor Dr. Lammert (CDU)

Voll des Lobes ist gegenwärtig fast alle Welt über Bundestagspräsident Lammert. Eine Ausnahme bilden hier, vor allem wegen dessen Guttenberg – Kritik, Teile der Union und die BILD-Zeitung. Doch dies tut normalerweise einem anständigen Menschen ohnehin keinen Abbruch. Auch nicht Aufforderungen des sächsischen JU-Mannes und MdB Wanderwitz (dessen Spitzname im Bundestag: Running Gag), er möge sich doch bei Guttenberg entschuldigen. Lächerlichkeiten dieser Art mehren das Ansehen Lammerts in der Öffentlichkeit eher, zumal er sich nach außen gerne starker Worte bedient. „Bei Anwendung der Gesetze durch die Bundesregierung hat sich eine gewisse Wurstigkeit eingestellt.“

Da hat der Mann recht. Aber wie ist es um dessen eigene Wurstigkeit bestellt?

Meine persönlichen Erfahrungen mit Herrn Lammert gehen nämlich in eine andere Richtung. Da ist zunächst einmal, es sei mir verziehen, die Causa Tauss selbst: So reagierte er überhaupt nicht, als bei Durchsuchungen meines Büros sämtliche Rechner beschlagnahmt und durchsucht werden sollten. Damit konnten aber auch alle Unterlagen durchsucht werden, die mit den gegen mich erhobenen Vorwürfen überhaupt nicht im Zusammenhang standen. Der Bundestagspräsident meinte nach meiner Beschwerde, es könne „davon ausgegangen werden, dass bei den Sicherstellungs- und Auswertungsmaßnahmen den Anforderungen von Artikel 47 Grundgesetz Rechnung getragen wird“.

Wohlgemerkt: Es ging hier nicht darum, den damaligen Abgeordneten Tauss vor Ermittlungen zu schützen, zumal sich ohnehin auf keinem irgendeiner meiner Rechner das unterstellte kinderpornografische Material befand. Es ging darum, dass hier der Präsident des deutschen Bundestages einer mittleren Behörde der Exekutive den Persilschein ausstellte, auch solche Bürgerkommunikation mit einem Bundestagsabgeordneten zu durchschnüffeln, die überhaupt nicht im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf stand. Dazu gehörte auch Kommunikation zu Zensursula und Einschätzungen Dritter zur Rolle des Bundeskriminalamts.

Lammert lehnte es dessen ungeachtet sogar ab, in dieser bedeutenden parlamentarischen Frage Rechtsschutz durch den Bundestag zu gewähren. Nochmals: Es ging hier nicht um den Abgeordneten Tauss, sondern um den Schutz von Bürgern. Die Juristen Mönikes und Dr. Wettberg brachten das Verhalten Lammerts  in einem Aufsatz „Die Wahrnehmung schlägt die Fakten“ zu meinem Fall auf den Punkt:  „Damit aber wird Art. 47 GG vom schneidigen Beschützer der Vertraulichkeit der Informationen des Bürgers beim Abgeordneten zum zahmen Papiertiger. Wer sich da noch vertrauensvoll an einen MdB wendet, ist selbst schuld“.

Heute hört sich das bei Lammert anders an: „Rechtsgrundlagen sind auch in Notsituationen erforderlich. Das ist keine disponible Nebenabrede.” Eine mutige Aussage, verfolgt man sein Wirken aber auch in anderem als in meinem Zusammenhang: Fast vergessen ist leider sein Skandal aus dem Jahre 2007, als Lammert die Staatsanwaltschaften in Berlin, Frankfurt und München „wegen Geheimnisverrats“ auf über ein Dutzend Journalisten und 10 Zeitungen (u.a. Süddeutsche, FR, Spiegel) hetzte. Michael Konken, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), bezeichnete die damaligen von Lammert veranlassten Aktionen der Staatsanwaltschaften als einen „breit angelegten Angriff auf die Pressefreiheit“ ohne Vorbild.

Es ging damals um den BND-Untersuchungsausschuss, wo allzu investigative Journalisten plötzlich unbequem wurden. Lammert unterstützte massiv die Vertuschungsabsichten der Bundesregierung. Der Bundestagspräsident wollte mit staatsanwaltschaftlicher Hlfe schlicht Journalisten einschüchtern. Die Unterstellung eines gestörten Verhältnisses zur Pressefreiheit  ist nicht weit hergeholt.

Entscheidungen nach Gutsherrenart

Transparenz ist Lammert ein Greuel, zumal wenn es um Anfragen zum Bundestag gemäß Informationsfreiheitsgesetz geht. So verweigerte er Auskünfte zu Abgeordnetenreisen oder zu den berühmten „Füllerbestellungen“, bevor er im letzteren Fall gerichtlich dazu gezwungen wurde. Die Petition zur Abgeordnetenbestechung durfte nicht öffentlich behandelt werden, um ein weiteres Beispiel zu benennen.

Entscheidungen werden von ihm nach Gutsherrenart und im Rahmen einer Art Günstlingswirtschaft gewährt. Auch hier kann ich auf ein eigenes Beispiel verweisen. Reisen der Abgeordneten genehmigt Lammert in seiner Funktion als Bundestagspräsident. Da wird er selbst dann großzügig, wenn der Zweck der Reise auf Steuerzahlers Kosten auch dem Schuhkauf in Kalifornien dient. Mir verweigerte er dem gegenüber die Übernahme der Kosten einer Dienstreise nach Aserbaidaschan, weil diese „mit Menschenrechten in Zusammenhang stünde“. Das Verwaltungsgericht Berlin ging davon aus, dass dies ein Fall für das Bundesverfassungsgericht sei. Allerdings rufe ich wegen knapp 700.– Euro nicht das Bundesverfassungsgericht an.

Dieses habe ich dann vielmehr wegen des Zustandekommens des Zensursulagesetzes getan. Heute bejammert Lammert zwar wortreich den in der Tat fragwürdigen Umgang der Bundesregierung mit dem  sogenannten Zugangserschwerungsgesetz. Doch dessen Zustandekommen war schon damals parlamentarisch zu kritisieren, wie es schon der heutige Justizstaatssekretär Max Stadler in der BT- Debatte vom Juni 2009 tat. So wurden Titel und Inhalt des Gesetzes wurde seitens der Bundesegierung zwischen den Lesungen so ständig verändert, dass die damalige Vizepräsidentin des Bundestages, Kastner, schon gar nicht mehr wusste, was sie eigentlich zur Tagesordnung aufrief. Aber der Bundestagspräsident bezeichnete selbst diesen schlimmen Vorgang in Richtung Karlsruhe als „normales Gesetzgebungsverfahren.“ Ich habe diesen für Lammert „normalen Vorgang“ in einem Schreiben an die EU-Kommission damals ausführlich dargestellt.

Laut BILD verwehrt sich Lammert nun aktuell „gegen Belehrungen aus der Bundesregierung“. Das sei höchst deplaziert, soll er gesagt haben. Mag sein. Aber das Geschäft der Exekutive, selbst gegen parlamentarische Rechte, hat dieser Bundestagspräsident stets gerne betrieben. Selbst bei Abstimmungen zu den von ihm heute kritisierten Vorgängen wie zu Zensursula hat Lammert im Parlament selbst stets gekniffen. Die außerparlamentarische PR sollte man daher nicht mit Tapferkeit verwechseln. Er taugt sicher als Zeitzeuge zum Zustand der Bundesregierung. Als Mahner aber nicht.

11 Gedanken zu „Der tapfere Präsident: Professor Dr. Lammert (CDU)

  1. Jan Dark

    Lammert wird von einigen als neuer Bundespräsident gehandelt. Ich halte das auch aus obigen Gründen für völlig verfehlt und nicht konsensfähig.

    Andererseits leugnet der Peter Altmaier (CDU und strikter VDS-Fan ohne jeden empirischen Beweis und gegen die Mehrheit der europäischen Länder) fleissig wie Verräter Petrus, der für seinen Verrat mit Chefposten belohnt wurde, den Herrn Töpfer Bundespräsidentenkandidat (also doppleter Verrat von Altmaier, nach dem Verrat der EU, die ihn lange versorgt hat). Mit dem Töpfer könnte ich mich anfreunden. Der ist altersmilde geworden und hat internationale Erfahrung und nicht solchen Provinzmief wie Schmiergeldempfänger Wulff mit seinen provinziellen Geldwäschereien. Wie sieht der Rest den Töpfervorschlag?

  2. kar

    Na prima, ein Herr Ex-Bürgermeister Fresemann hat es geschafft, eine Parteiendiskussion anzuzetteln. Da machen wir doch gerne mit und suchen etwas abgelegen vom Mainstream v. Volksverdummungsparteien nach wirklichen Lösungen. Die beste Lösung ist die Partei, die ein schlüssiges Konzept auf drängende Probleme besitzt. Und da bleibt eigtl. nur noch die DDP und das Bandbreitenmodell. Siehe http://www.bandbreitenmodell.de/

  3. garak2406

    Die FDP wird vielleicht auf 6% kommen, wens hochkommt. Kann mit nicht vorstellen das die an die 5% Hürde scheitern. Wenn doch, selbst schuld! Guido und Co. sind nich belehrbar. Die Grünen werden leider viel punkten. Viel Spaß dann mit den den Grünen. 😉 Muhahaha man soll sich die Wahlkreise mal anschauen, besonders die großen Städte wie Berlin wo rot-rot-grün regieren, was da so abgeht. Wenn das auch in Stuttgart gewünscht ist, sorgt mal jetzt schon für noch mehr HartzIV Anträge und für paar eue JVAs. 😉 Gute Nacht BW. Herr Tauss Sie haben noch paar Tage Zeit um eine großartige Idee ihrer Partei vorzuschlagen, damit die es auch mal in den Landtag schaffen. 😉

  4. garak2406

    Da bin ich wieder. 😉 Es macht Spaß Tauss zu schreiben.
    In der Netiquette sollten wir mal zur Du Form übergehen oder doch nicht?
    Kommen Sie mit ihren alten Genossen nicht mehr zusammen? Wenn nicht auch nicht schlimm!
    Was die SPD in ihren Wahlkampf besonders in ihren Landkreis leistet ist Bullshit. Passt zwar nicht ganz zu ihren Thema aber mich regt das auf. Das gute an Ihnen ist, sie geben immerhin eine Antwort, was man von ihren Exkolegen nicht sagen kann. Die haben wohl ihren Sekretär der das erledigt. Die FDPer drohen gleich mit ihren Anwälten (wohlbemerkt das die Mehrheit von denen selbst Juristen sind 😉 ) ist das nur lächerlich. Politik ist nur noch Machtkampf und d Bürger merken das nicht. Was du heute kannst versprechen kannst du morgen wieder brechen. Politiker die beim Volk beliebt sind, werden rausgemobt oder es wird ein Grund gesucht. Also ich sag nur Eins, die Demokratie die wir jetzt kennen, wird schwinden.

  5. kar

    „Schon interessant, wie man hier einige Sch……..e mit ein paar Sätzen verrückt machen kann.“ Wenn man keine anderen Probleme hat… Warum erinnern manche Kommentare an Äußerungen eines evangelikalen Wanderpredigers über ganz normale Familiennachmittagsunterhaltung? Erzählen Sie doch mal…

    http://www.youtube.com/watch?v=fWZYiADYtHE

  6. Käpsele

    @Fisch

    „Es ist nicht die Zeit des Urteilens, sondern des Beobachtens und des Betens, weil ??? hier wie in allen Dingen souverän seine Wahl trifft.“

    Anmerkung: 6 weitere Kommentare von käpsele wurden gelöscht, weil sie in keinerlei Zusammenhang mit dem Artikel standen sondern ausschliesslich und nicht überprüfbar mit dem Thema Bezirksvorsteher Stuttgart-Ost und dem dortigen SPD-Landtagskandidaten zu tun hatten.

  7. Heiko Fresemann

    Schon interessant, wie man hier einige Sch……..e mit ein paar Sätzen verrückt machen kann.

    Anmerkung tauss: Da ich auch in Bezug auf Ihre Person Beschimpfungen entfernt habe, fordere ich Sie letztmalig auf, dies hier zu unterlassen. Sonst war es das letzte mal, dass Sie hier Kommentare veröffentlichen können. Im Gegensatz zu Ihnen bemühen sich die von Ihnen Beschimpften übrigens stets um inhaltlich begründete Statements. Zu solchen scheinen Sie nicht in der Lage zu sein.

  8. kar

    Sehr geehrter Herr Freesemann, Ihr letzter Kommentar (und ich zitiere wörtlich): „Wahrscheinlich so tapfer wie Tauss. Dieser Lammert und die Schavan gehören ganz eindeutig zur linken Meute, die den beliebtesten Politiker (auch nach seinem Rücktritt) kaputtgemobbt haben. Wahrscheinlich war es eine lange Suche in der Doktorarbeit, die so unwichtig ist wie nur sonst etwas. Aber die linken Mobber werden es schon richten.“entbehrt nicht einer gewissen Komik. Ich frage mich ja, wird das jemals etwas mit einer Rückkehr ins Amt des Bürgermeisters, wo Sie wiederholt pauschal Personen, die andere Meinungen als Sie haben und diese sachlich vertreten, dafür u.A. als linke Mobber abtun. In ihrem Schubladendenken ist offenbar kein Platz für sachliche Diskussionen, geschweige denn für Momente der Ruhe und des Nachdenkens. Erwarten Sie unter diesen Vorraussetzungen ernsthaft, überhaupt noch ernst genommen zu werden? Und wenn andere links orientiert seien, was sind dann Sie? Rechtsorientiert? Wie stehen Sie eigtl. zu Sarrazins Thesen u. dem Parteiprogramm der Partei „die Freiheit“?

  9. Thomas Brück

    Oh lieber Heiko Fresemann, du bist ein D………………er. Die angeblich so lange Suche in der Doktorarbeit des sog. Plagiators dauerte nur wenige Tage und identifizierte knapp 80% der guttenberg’schen Summa Cum Laude Dissertation als gestohlenes geistiges Eigentum anderer. Etwas mehr als 100 verschiedene Strafanzeigen von den bestohlenen Leuten zeigen sehr anschaulich, dass diesen Menschen dieser Betrug gar nicht so unwichtig ist. Von Mobbing braucht man gar nicht mehr zu reden, denn durch seine ständigen Lügen hat er das meiste selbst herauf beschworen. Aber gerne, lieber Heiko, darfst du uns mal vom Gegenteil überzeugen. Was hat denn der Herr Copy & Paste vorzuweisen, dass er mit dieser nachhaltigen Beliebtheit überschüttet wird?

    Anmerkung tauss: Aus Höflichkeit gegenüber meinem alten Freund Fresemann habe ich das an Dummschätzer erinnernde Wort oben gepunktet. Bitte immer den guten Stil wahren;) Im übrigen neige ich auch zu der berechtigten Annahme, dass dieser Herr außer dem schon früh geklauten, stets weiter vererbten, Familienvermögen sowie geschönten Lebensläufen und dem fragwürdigen Zensursulagesetz keine nennenswerte Lebensleistung vorzuweisen hat.

  10. Heiko Fresemann

    Wahrscheinlich so tapfer wie Tauss.
    Dieser Lammert und die Schavan gehören ganz eindeutig zur linken Meute, die den beliebtesten Politiker (auch nach seinem Rücktritt) kaputtgemobbt haben. Wahrscheinlich war es eine lange Suche in der Doktorarbeit, die so unwichtig ist wie nur sonst etwas.
    Aber die linken Mobber werden es schon richten.

    Anmerkung tauss: Links ist alles, was Heiko Fresemann nicht passt. Das geht selbst der CDU auf den Geist. Eine kleine Info zur Person ist deshalb einmal ganz erfrischend:

    „Als die CDU-Fraktion ihren bisherigen Sprecher Heiko Fresemann wegen seines scharfzüngigen und bisweilen rüpeligen Umgangstones unlängst aus dem Amt gedrängt hatte, war in der Fraktion das Verlangen nach moderateren Tönen groß gewesen.“
    http://www.yasni.de/ext.php?url=http%3A%2F%2Fbaseportal.de%2Fcgi-bin%2Fbaseportal.pl%3Fhtx%3D%2FLeerOnline%2FLeerOnlineNews%26cmd%3Dlist%26range%3D820%2C20%26cmd%3Dall%26Id%3D474&name=Heiko+Fresemann&cat=statement&showads=1

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