Islamistische Schweinefleischhasser

Man stelle sich vor, in Deutschland wären im Laufe einiger Jahre einige Currywurstbudenbesitzer, Kleingewerbetreibende oder gar Leiter von Bankfilialen erschossen worden. Einfach so. Ohne erkennbares Motiv.

Kann man sich überhaupt vorstellen, was in diesem unserem Lande los wäre? Die Republik, Politiker und BILD stünden seit Jahren Kopf. Immerhin: Unser tüchtiges Bundeskriminalamt hat es wenigstens bemerkt, dass es da was gibt. Nämlich eine

„Bundesweite Mordserie zum Nachteil von acht türkischen/türkischstämmigen und einem griechischen Opfer, wobei in allen Fällen eine Pistole der Marke Ceska mit Schalldämpfer eingesetzt wurde“

Ein wunderbares Polizeideutsch, das immerhin schon 2006 und dann mit vierjähriger Pause wieder im Jahre 2010 auf der Homepage von Zierckes BKA zum Thema zu finden ist:

Bisher hat die Polizei die Möglichkeit der Verstrickung der Opfer in kriminelle Machenschaften in der Öffentlichkeit thematisiert. Daneben muss aber mittlerweile auch angedacht werden, dass es sich bei dem Täter um einen sogenannten Einzeltäter handeln könnte, der nicht im kriminellen Milieu angesiedelt ist, jedoch auffallend mobil zu sein scheint, da mittlerweile fünf Bundesländer betroffen und weiterhin keine Bezüge zwischen den Opfern erkennbar sind.

Die Opfer wurden von der Polizei bis hin zu Aktenzeichen XY ungelöst von der ersten Tat an selbst in die Nähe eines kriminellen Milieus bis hin zu Drogen gerückt. Und sollte es doch anders sein, kann der Mörder im Gegensatz zu seinen Opfern nach der Logik deutscher Kriminalbeamter gerade nicht im kriminellen Milieu zu suchen sein. Wie auch?

Und auch sonst kommen BKA-Leute schon auf kreatives Sprech:

Denkbar ist, dass diese Person (Anmerkung: der Täter) ein negatives Schlüsselerlebnis in Zusammenhang mit türkischen Staatsangehörigen hatte….

Klar. Das erklärt viel und entschuldigt doch alles. Bleiben wir bei Currywurstbudenbesitzern und Bankern: Wer hätte da wegen schlechtem Geschmack oder falscher Beratung nicht auch schon negative Schlüsselerlebnisse gehabt und wäre dann nicht gleichfalls marodierend durchs Land gezogen?

Nur lautete in diesem Falle dann wohl schon die erste denkbare Stellungnahme von Herrn Ziercke: „Bei den Taten können islamistisch- terroristische Motive von Schweinefleischhassern oder ein linksradikaler Hintergrund nicht ausgeschlossen werden. Wir brauchen deshalb die Vorratsdatenspeicherung“ (Ironie aus).

Und die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe hätte wahrscheinlich wegen eines „nicht auszuschließendem islamistisch- linken Anfangsverdachts“ für sich die Hoheit über die Ermittlungen beansprucht. Doch in unserem Falle schreibt das BKA dagegen fast schon rührend mitfühlend:

Tatauslösend könnten darüber hinaus noch persönliche oder familiäre Probleme wie z.B. die Trennung vom Lebenspartner oder finanzielle oder berufliche Schwierigkeiten gewirkt haben.“

Zu keinem Zeitpunkt wurde von BKA, Verfassungsschutz oder Generalbundesanwalt aber auch nur ansatzweise veröffentlicht, dass es sich bei diesen Morden an Migranten eventuell von einem rechtsradikalen Hintergrund ausgegangen werden könne. Dieser liegt aber schon für jeden auch nur durchschnittlich intelligenten Tatort-Fernsehgucker  in diesem Falle eigentlich näher als eine berufliche oder familiäre Konfliktsituation.

Ganz im Gegenteil warf das BKA aber sogar weitere Nebelkerzen. Die „Ermittlungen“ liefen unter dem Begriff „ungeklärte Mordfälle Bospurus.“ Bospurus? Die Taten fanden mitten in Deutschland statt. Aber der Bospurus liegt eben so wunderschön weit weg, dass sich polizeiliche Arbeit natürlich auf das Verwalten der Akten beschränken konnte. Gesucht wurde, wohl wegen des Bosporus, so natürlich auch

nach einem Türken oder Südländer mit buschigen Augenbrauen und tiefliegenden Augen..

Wie praktisch. Südländer. Buschige Augenbrauen. Tiefliegende Augen. Auch da vermutet neimand den netten Nazi von nebenan. Da ist es doch gut, dass unsere Justizministerin unbequemen Fragen jetzt gleich schon mal vorbeugt. Sie mahnte,

…der politische Schlagabtausch eigne sich in Bezug auf eine möglicherweise rechtsextrem motivierte Mord- und Anschlagserie nicht. Über die Parteigrenzen hinweg hätten letztlich alle Parteien ein Interesse an der Bekämpfung des Rechtsextremismus…

So? Haben sie wirklich dieses Interesse? Die schwarz-“liberale“ Realität sieht anders aus. Schon in der Koalitionsvereinbarung von 2009 heißt es dazu auf Seite 99:

Die Aufgabenfelder des Fonds für Opfer rechtsextremistischer Gewalt sowie des Bündnisses für Demokratie und Toleranz sollen auf jede Form extremistischer Gewalt ausgeweitet werden.

Bei gleichzeitiger Mittelkürzung um rund 2 Millionen Euro für das Jahr 2012 heißt das auf gut Deutsch: Vorhandene Mittel gegen die Bekämpfung des Rechtsextremismus werden zusätzlich reduziert. Selbst ohne die zusätzlichen Kürzungen der Familienministerin können also immer weniger Aktivitäten gegen Rechts finanziert werden. Sieht so ein echtes Interesse an der Bekämpfung des Rechtsextremismus aus, Frau Minister?

Verräterische Sprache

Passend zum offensichtlich allgegenwärtigen „linken und islamistischen Terror“ in Deutschland wurden nicht nur die Mittel im Kampf gegen Rechts gekürzt, sondern Entschädigungszahlungen für die Opfer linker Gewalt etatisiert. Pech nur für die Bundesregierung, dass dieses Geld (erfreulicherweise) und im Gegensatz zu echten Opfern rechter Gewalt bis heute niemand brauchte.  Dennoch wurde im Oktober sogar noch ein neues Programm für Aussteiger aus der linken Szene aufgelegt. Eine Forschungsstelle Linksextremismus soll nach dem Willen von Christdemokraten der Forschungsstelle Rechtsextremismusentgegen gestellt“ werden. Sprache kann sehr verräterisch sein.

Mit der gebetsmühlenhaften Wiederholung vom Links- und Rechtsextremismus als einem Begriff wird auch von Schwarz-Gelb nichts weiter getan, als das Naziunwesen im Land zu relativieren. Ministerin Schröder diskreditiert Anti-Nazi-Gruppen als „radikal“, die sich erst einmal zum Grundgesetz bekennen sollten. Egal wie man zu diesen Gruppen steht: Es gibt keine, welche im Gegensatz zu Nazis die Ablehnung von Menschenrechten und Demokratie im Programm stehen hätte.

Hinzu kommt, dass Deutschland anfällig gegen RECHTS ist, wie nicht nur die Geschichte  zeigt, sondern wie alle Meinungsumfragen zu rechten oder rassistischen Themen beweisen. Nicht die kruden Wege der Damen Wagenknecht oder Lötzsch „in den Kommunismus“ begeistern NPD und bürgerliches Publikum, sondern die kruden biologistischen und rassistischen Thesen des Herrn Sarrazin.

Nicht der Kommunistische Bund bringt Demos auf die Beine, sondern unverändert die NPD. Dort skandieren Glatzköpfe, wie zuletzt in Dresden und wohl gelitten von der Polizei, „gegen Demokraten helfen nur Granaten.“ Man stelle sich den medial-politischen Aufruhr vor, man hörte solche Parolen aus der Mitte des „Schwarzen Blocks“ bei irgendeiner Demo, der sich die Antifa mangels eigener Masse mal wieder angeschlossen hat.

Wie im Falle „Bospurus“ gibt es daher seit Jahren ein bemerkenswertes Wegsehen gegenüber rechten Gewalttaten. Auch Christdemokraten mögen sie sicherlich verurteilen. Aber allein mit der Gleichsetzung LINKS und RECHTS (in dieser Reihenfolge) erfolgt die Relativierung und Verharmlosung des neonazistischen Terrors. NULL Todesopfern linker Gewalt stehen  mindestens 180 Tote auf rechter Seite gegenüber, wie eine erschreckende Karte der ZEIT zeigt.

Und selbst diese Zahl wird von der Bundesregierung noch verniedlicht. Sie geht „nur“ von der Zahl 40 (FR) aus und feilscht Opferzahlen nach unten. 40 Tote sind dann nach diesem Sprachgebrauch wohl vertretbar.

Die Gefahr kommt für Bundesregierung und Schwarz-Gelb stets von Links. Da muss man sich auch nicht wundern, wenn BKA– Beamte schon mal „kostengünstig“ in stadtbekannten Nazi-Treffs übernachten und nicht einmal mehr auf die Idee kommen, in rechtsradikale Richtungen zu ermitteln.

Wie wusste es doch kürzlich eine CDU-Dame in Hamburg? Die Gewalttaten der Linksextremen richten sich gegen Staat und Polizei. Das ist unbestreitbar richtig. Sie richten sich sogar schon mal gegen das eine oder andere Auto oder einen Bauzaun.

Was wiegen dagegen ausländische Kleingewerbetreibende, deren Leben und deren zerstörte Familien?

Zum Thema „Zwilllingsbrüder Links-und Rechtsextremismus“ nachfolgend Prof. Dr. Christoph Butterwegge:

http://endstation-rechts.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=4983:prof-dr-christoph-butterwegge-links-und-rechtsextremismus-als-zwillingsbrüder?-zum-paradigma-und-strategiewechsel-der-bundesregierung

11 Gedanken zu „Islamistische Schweinefleischhasser

  1. Bernd

    Ich finde es unpassend den Codenamen einer Ermittlungsgruppe – der nun wirklich deutlich harmloser ist als „Dönermorde“ so zu kritisieren.

    Anmerkung tauss: Warum? Ist doch ganz offensichtlich Teil der Vertuschung und der Ahnungslosigkeit:

    http://tinyurl.com/8xrxg58

  2. kar

    Guter Artikel, in der Tat. Was hier allerdings noch fehlt, ist die Frage nach den Umständen, wieso zum einen staatl. Repression fast ausschließlich linksorientierte Gruppen betraf, u. wieso rechtsmotivierte Straftaten unterschiedlich gewichtet werden. Es gibt bspw. den Umstand, dass sexuelle Minderheiten noch immer benachteiligt werden u. es auch versäumt wird, den Rechtsschutz im AGG bzw. auch im Grundgesetz auszubauen. Offengesagt, ich bin auch entsetzt darüber, was ich eben im Lawblog (siehe Kommentar 59 unter http://www.lawblog.de/index.php/archives/2011/11/14/tierliebhaber-drfen-keinen-verein-grnden/ ) lesen musste. Zwar geht es dabei um eine sexuelle Orientierung (Zoophillie), die nicht unbegründet umstritten ist, aber, es geht dabei trotzdem auch um eine Gruppe, auf die offenbar gedulded eingedroschen werden kann. Ein Leser, der die Situation in den letzten und Wochen mitbekommen hat, weist in dem oben genannten Kommentar darauf hin, dass die Betroffenen in einer Art und Weise verfolgt werden, die fast schon daran grenzt, wie Juden Anfang/Mitte der 1930er Jahre verfolgt wurden. Offensichtlich fehlt es bei Ermittlungsbehörden an der Sensibilität dafür, alle Minderheiten zum Zeitpunkt einer Gefährdung vor Verfolgung, Diffamierung u. gewalttätigen Übergriffen etc. zu schützen. Und es ist anzunehmen, dass sich die Problematik dann auf andere Minderheiten verlagern wird, sobald wegen der unübersehbaren Folgen bspw. ersten Toten eingeschritten wird. Und deshalb sollte man sich für einen grundsätzlichen Schutz v. Minderheiten engagieren, der eigtl. selbstverständlich auch auf zukünftige Entwicklungen in der Hinsicht v. zuständigen Stellen angewendet werden kann und sollte.

  3. EsEf

    Tja – die Dienste (BKS/VS/etc.) sind doch schon von ihrer Struktur her eher hierarchisch und eher sehr rechts. Das liegt an ihrer Geschichte. Der BND ha sich aus der Organisation Gehlen entwickelt und war ein Freihafen für Nazis und Kriegsverbrecher aller Art.

    Dass solchen Behörden/Organisationen das Gesetz und die Verfassung eher egal ist, dürfte auch eine Binsenweisheit sein. (Celler Loch, usw.)

    Etwas, was ebenfalls im Kalten Krieg entstand, war eine Organisation, die in Italien „Gladio“ genannt wurde. In anderen Ländern Europas hatte sie andere Bezeichnungen. Diese Geheimarmee rekrutierte sich vornehmlich auch rechtskonservativen und faschistischen Kräften. Offiziell wurde Gladio in den ’90ern aufgelöst – wer’s glaubt …

    Buchtipp: http://www.danieleganser.ch/NATO_Geheimarmeen_in_Europa_1211310734.html
    In 10 Sprachen übersetzte und durchaus gut lesbare Doktorarbeit, die die Verquickung der nationalen Geheimdienste mit stramm rechten Gruppierungen beweist.

  4. guy_brush

    Wie kann ich das auf Facebook liken, oder Google+sen?
    lg
    auch wenn’s mir persönlich etwas zu sehr in ‚alle rechten sind Nazi-Scwheine & ganz doll böse‘ schielt
    Zeit das wir diese links/rechts Einteilung mal überdenken..

  5. dot tilde dot

    tatsächlich und neu, meint herr im friedrich.

    und in den artikeln lese ich was vom jahr 2000. mich würden solche formulierungen beschämen.

    .~.

  6. Pingback: Ich bin Terrorist | stk

  7. Jan Dark

    Einen Teil der Problematik hat Dieter Schenk, ein ehemaliger Hauptkommissar aus dem BKA vor ein paar Jahren untersucht:
    „Auf dem rechten Auge blind: Die braunen Wurzeln des BKA“
    http://www.amazon.de/Auf-dem-rechten-Auge-blind/dp/3462030345

    Dabei meinte er die Gründungsmythen, in denen Lebensläufe so lange gefälscht wurden, bis auf dem Papier die Nazis im BKA verschwanden. Aber was soll man dann davon halten, dass Leute wie Wolfgang Schäuble, CDU, daran festhalten, die NPD über V-Leute des BfV zu finanzieren, damit sie nicht verboten werden kann? Ich bin gespannt, ob sich die Befürchtungen der thüringischen Strafverfolgungsbehörden bewahrheiten, dass der Verfassungsschutz (wie bei dem angeblichen RAF-Celler-Loch durch Ernst Albrecht, CDU) seine Finger in dieser offenbar kriminellen Vereinigung hat.

    Irritierend ist aber auch, dass Herrr Ziercke sich mit größtem Fleiß dazu hingibt, Kinderpornografie mit seiner damaligen Politpartnerin Ursula von der Leyen, CDU, (Tochter von Ernst Albrecht) vor Journalisten vorzuführen, mit dem Zweck, durch diese Kinderponografievorführung (die der Berliner Staatsanwaltschaft nicht für strafbar hielt, anders als der Karlsruher die Ermittlungsarbeiten von Jörg Tauss, da gibt es wohl ein Rechtsgefälle nach Süden, wo das Recht dann umfällt) über die instrumentalisierte Prese die Gesetzgebeung zu beinflussen, die sich parlamentarisch nur sehr schwer dafür erwärmen kann, den Dreck im Internet zu lassen und für Ursula von der Leyen und ihre katholischen Wähler nur einen roten Vorhand einzuziehen, statt den Dreck vollständig zu löschen, wie es Ziercke nun endlich auf Druck der Öffentlichkeit macht.

    Auch verwundert die Muße, die Ziercke darauf verwendet, eine umfassende Belauschung der Bevölkerung vorzunehmen (Lauschangriff, verfassungsfeindliche Vorratsdatenspeicherung und WWW-Totalüberwachung mit dem Zugangserschwerungsgesetz) vorzunehmen und gleichzeitig Serienmörder jahrzehntelang frei rumlaufen zu lassen, wie diese Döner-Mörder.

    Auch wenn jetzt @peteraltmeier die Mörder zu Terroristen populistisch hochstilisiert (wo Terror nicht mal ein Straftatsbestand ist wie Mord oder der §129a), bleibt die Frage, warum das BKA so lange so schlampig gearbeitet hat.

    Ich glaube, wir werden nicht umhinkommen, das BKA zu evaluieren, den braunen Mist dort auskehren und eine effiziente und effektive Behörde dort zu schaffen. Die durch Schlamperei des BKA ermöglichte Ermordung Hans-Martin Schleyers hätte Erweckungssignal genug sein können, aber offenbar hat der rechte Rand das BKA so blind gemacht, dass wir dem rechten Pöbel schutzlos ausgelifert sind.

  8. wetter

    Woher kommt das Zitat von Ziercke „Bei den Taten können islamistisch- terroristische Motive von Schweinefleischhassern …“ ?

    Anmerkung Tauss: Dieses „Zitat“ wurde im Artikel ausdrücklich als _Ironie_gekennzeichnet. Um eine solche handelt es sich auch bei der „Stellungnahme“ der Bundesanwaltschaft.

Kommentare sind geschlossen.