Der Westen hat sich verzockt

Das Dilemma der EU in Sachen Ukraine und Krim wird von Außenminister Frank Walter Steinmeier heute unfreiwillig komisch auf den Punkt gebracht:

  1. Wir wollen keine Eskalation
  2. Wir wollen Sanktionen gegen Russland.

Was denn nun?  Sanktionen ohne Eskalation? Deutlicher kann man Hilflosigkeit nicht demonstrieren. Die EU hat sich, wie schon im Falle Georgien,  verzockt und ist dem kalten Strategen Putin auf den Leim gegangen. Man wollte die EU – und letztlich die NATO – Ausweitung und hat damit die Spaltung der Ukraine riskiert.

Und nicht nur riskiert: Wird das westliche Spiel in dieser Form weiter betrieben, wird die Ukraine und werden die Menschen des Maidan tatsächlich mit einer Spaltung ihres Landes, und nicht „nur“ mit der Abspaltung der Krim, die Zeche zahlen.

Die Krim ist für den Westen als politisches Einflussgebiet heute schon weiter weg als die Wahrscheinlichkeit einer Mondbesiedelung durch indigene Regenwaldbewohner. Sie wird ein Teil Russlands werden, wie es von der Mehrheit der Bevölkerung auch gewünscht ist. Und das ist aus deren Sicht auch logisch. Deshalb wird gefeiert. Denn die EU hat der Halbinsel und der Ukraine, außer neoliberalen Auflagen und somit über 50% Jugendarbeitslosigkeit wie in Spanien oder auf griechischen Inseln, nichts zu bieten.

Die Krim wird dagegen, spätestens nach Fertigstellung der Brücke zum russischen Festland, ein blühendes russisches Musterländle werden. Das wissen die Menschen dort. Touristisch hat die Halbinsel klimatisch und von der Infrastruktur her alle Voraussetzungen, das Nizza des Schwarzen Meeres zu werden.

Auch dazu trägt die EU mit ihren angedrohten Reisebegrenzungen und Kontensperrungen unfreiwillig beschleunigt bei. Reiche Russen können künftig auch im eigenen Ländle „urlauben“ und neben Sotschi nun eben die Krim- Küste zu deren Schwarzmeer- Cote d‘ Azur machen. Je mehr Reiseverbote verhängt werden, desto schneller.

Der Westen hat sich verzockt. Mit den lächerlichen Drohungen eines Halbstarken ohne Substanz (..wir warnen Russland vor Einmischung…) der Staatsmänner Barroso, MacCain bis Özdemir und  diverser us-schwarz-grüner Revolutionstouristen auf dem Maidan war das Spiel schon Ende 2013 verloren.

Aber es kann, wie ausgeführt, noch schlimmer kommen. Mit dem irrsinnigen EU- Assoziierungsabkommen, das nun beschleunigt unterzeichnet werden soll, kann Russland im östlichen und südöstlichen Teil der Ukraine die Ängste der Menschen weiter schüren. Denn nie und nimmer wird Russland, egal wer dort regiert, dies und die darauf folgende weitere NATO- Erweiterung akzeptieren (können und wollen).

Die Ukraine zerfiele dann unvermeidlich in zwei Teile. Es entstünde noch eine neue Grenze mitten in Europa. Dazu gibt es nur einen theoretische und diplomatische Alternative:

Der Westen erkennt den Verlust der Krim realistischerweise an. Je schneller, desto besser. Und er verhandelt mit Russland und der Ukraine über eine Ukraine, die alle Seiten jeweils als Nahtstelle zwischen den jeweiligen Einflussgebieten und mit einer entsprechenden Sicherheitspartnerschaft auch für alle Bevölkerungsgruppen verstehen können.

Die Ukraine könnte so, in jeder Beziehung, die Brücke zwischen dem Westen und dem wieder erstarkten Russland sein. Eine Brücke, die Polen aus historischen Gründen weder sein will noch sein kann. Die Ukraine KÖNNTE es. Wenn man es denn wollte.

Das wäre also tatsächlich die Stunde der Diplomatie und intelligenter Staatsmänner und -Frauen. Doch die sind nicht in Sicht. Und so arbeitet man weiter dem eiskalten Strategen Putin in die Hände, der damit völlig unverdient zum historischen Helden des einfachen Volkes wird. Er hat die verloren geglaubte Krim Russland zurückgeschenkt. Wer diesen Effekt unterschätzt, hat von russischer Seele, russischer Politik und Befindlichkeiten seit den Zeiten einer Katharina der Großen keine Ahnung.

Und genau dies nicht zu begreifen ist das Problem des Westens und seiner us- gesteuerten „ThinkTanks“. Think kommt von Denken. Und Denken ist Glücksache und nicht die aktuelle Stärke us-amerikanischer und europäischer Außenpolitik. „Bedenke das Ende“ sagt der Volksmund. Oder „Erst besinnen, dann beginnen“. Zwei wohl vergebliche Erwartungen an die dumm-kalten Krieger von Brüssel bis Washington. The winner is….deshalb Putin. Er kann so auch noch von allen inneren politischen und ökonomischen Schwierigkeiten Russlands ablenken. Schlimm genug.

 

 

3 Gedanken zu „Der Westen hat sich verzockt

  1. Uwe Düngen

    Hallo Herr Tauss,

    sie sprechen mir aus der Seele. Vielleicht sollten EU und die USA mal darüber nachdenken wer da gezündelt hat. Ich möchte nicht die Reaktion der USA erleben, wenn Kuba um das Stationieren von Raketen bei Russland nachfragt. Das gäbe dann die Kubakrise reloaded.

    Mit freundlichen Grüße

    Uwe Düngen

  2. Kola Colman

    Dein Beitrag ist wieder brillant und tiefgruendig. Ich habe 6 Stunden Recherche gebraucht, nachdem Marina Weisband ihren Auftritt hatte, um die guten von den boesen zu unterscheiden.

    Es geht um „die Wiege“ der Russischen Volksseele.

    „von nun an und für alle Zeiten“
    Katharina II. am 8. April 1783 😉

    „Er hat die verloren geglaubte Krim Russland zurückgeschenkt.“

    Naja wuerde sagen man spart sich jetzt die Miete. ^^

    Es ist das daemmlichste die Russen auf der Krim anzugreifen. Gerade fuer Europa, im besonderen fuer Deutschland. Das ist wirklich das daemlichste. Dafuer gibt es so viele Gruende, dass dieses Thema so ein Posting bei weitem uebersteigt.
    (Es ist sowieso immer das daemlichste jemanden anzugreifen und zeigt ne leichte Delle in der Ruebe, in Verbindung mit dicken Eiern. Davon abgesehen.)

    Die Goldenen Horden sind’s ja gewoehnt:
    http://www.zum.de/whkmla/histatlas/russia/haxcrimeantatars.html
    *g*

    Aber die Russen lassen sich das seit der Schlacht auf dem Kulikowo Pole von niemanden je mehr bieten.

    Wer sich schnell einlesen will braucht nur diese 3 Absaetze:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Kiewer_Rus#Aktuelle_unterschiedliche_Interpretationen
    zu lesen.

    Dmitri Donskoi ist sogar heilig gesprochen. (Großfürst von Moskau/ hat die Streitkraefte befehligt und die Mongolen verpruegelt)

    Aus der Geschichte lernen bedeutet die Zukunft meistern.

    Putin gewinnt oder es gibt mindestens ein Vietnam.

    Man wird also einen schwelenden Konflikt halten wollen. Das kostet Deutschland, die kleinen Buerger natuerlich, einiges an Kohle.

    Dafuer gehen sie dann sogar „freiwillig“ auf die Strasse.

    Jaaaa lasst uns die eigene Wirtschaft kaputt machen, wegen der Menschenrechte. Die ploeden Tataren sind doch alle, alle 97% oder so ^^ gezwungen worden. Wir muessen ihre Menschenrechte verteidigen. bla bla

    Sehen nur wir beide (also bin hier auf Komments. gespannt) und Michail Gorbatschow, wie hier verarscht wird: “ Die Bevölkerung habe die Gelegenheit gehabt, in einem Referendum ihre Meinung zu sagen. „Das ist gut“, betonte der 83-Jährige.“

    Es ist so „unklar“, was die Politik und die Medien hier abziehen.

    SIEBEN UND NEUNZIG % auf der Krim, haben gesagt lasst uns in Ruhe ihr Amis, Europaeer, Japaner und wer uns sonst noch ausnehmen will.

    Und naechstes Mal schreibe ich nicht wieder Slang aber vielleicht verstehts ja jemand, dem Dein Beitrag unklar ist. 🙂

    Besonders „witzig“ wird es ja jetzt erst, wenn die Ukraine nun im Schnelldurchlauf in die EU aufgenommen wird und Griechenland ein Weilchen ersetzen darf. looool

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