Die Gegner der Bahn sind deren Chefs

Mit dem Fahrrad zuckelte ich gemütlich mit 25 Stundenkilometern die 60 km von Bruchsal Richtung Stuttgart zur Präsentation des sogenannten „Stresstests“. Diese Fahrradgeschwindigkeit kostete mich statt Kalorien allerdings lediglich Nerven. Denn ich sass mitsamt Rad im Regional“Express“  und nicht auf dem Sattel. Die Lok war kaputt und konnte nicht mehr schneller. Im Bahnhof Ludwigsburg gab sie vor Erreichen des Stuttgarter Hauptbahnhofs final den Geist auf.

Natürlich kann auch mal eine Lok kaputt gehen. Aber es ist symptomatisch. Alle meine Bahnfahrten der letzten Zeit waren von Verspätungen, Ausfällen, defekten Triebköpfen, Loks oder Weichen begleitet. Zufall oder gar Karma?

Eher logisch: Die DB spart massiv an Betriebssicherheit und am Material. Sie lässt die Infrastruktur, wie auch den Stuttgarter Hauptbahnhof, systematisch verkommen, um dann lauthals die Notwendigkeit des Neubaus S21 mit dem Zustand des „alten Drecklochs“ zu beklagen.

Grube bestellt derzeit bei den Herstellern der schon bisher defekten Klimaanlagen unbekümmert für 3 Milliarden neues „Zugmaterial“, das mit (noch) geringerem Sitzabstand (noch) unbequemer als das „Alte“ sein wird. An der gesetzlichen und vertraglichen „Nichthaftung“ der Hersteller ändert sich dadurch übrigens nichts. Man stelle sich vor, Autohersteller würden für ein neues Modell keine Produkthaftung übernehmen müssen. Bei den Lieferanten der Bahn ist das „selbstverständlich“ so.

Zudem ist absehbar: In Hinblick auf die neuen Züge lässt man die jetzt vorhandenen Waggons und Loks  gleichfalls weiter verlottern und vertröstet das genervte Beförderungsgut Fahr“gast“ auf die „schönen neuen Zeiten“. Wetten? Dies wiederum ergibt dann weiteres Einsparpotenzial bei den Bahnbetriebswerken. Die Folge: Die Bahn wird weiter an Image verlieren. Schon heute ist unter Reisenden der Spruch, „aber für Milliarden Bahnhöfe verbuddeln“, selbst schon beim Defekt der Mikrowelle im „Bordrestaurant“ , geflügelt.

Auch der entnervte Zugbegleiter in meinem Regionalexpress musste ihn zigmal hören – der Ärmste kann dabei nun wirklich nichts dafür. Er wurde vor dem schönen Ort Bietigheim wie das dortige Bahnhofspersonal nicht einmal informiert, dass die Lok kaputt war. Er hatte es, wie wir, „befürchtet“. Er konnte auch nicht einmal informiert werden. Die Verbindung zum Lokführer war gleichfalls ausgefallen. So ließ man an allen Halten immer mehr und kurz darauf natürlich fluchende Leute zusteigen. Herrn Grubes „Wunsch“, aus der Bahn ein „sympathisches Unternehmen“ zu machen, ist nicht nur wegen dieser Umstände heuchlerisch.

Ach so: Die Rückfahrt vom Stresstest  im IC Richtung Bruchsal begann im Stuttgartert Hauptbahnhof stressfrei mit den Worten: „Wegen einer technischen Störung an der Kupplung des Zuges verzögert sich die Abfahrt um unbestimmte Zeit“.

Grube weg. Herr Doktor Kefer gleich mit. Der Fisch stinkt am Kopf- in der Chefetage. Dort sitzen die Gegner der Bahn.

4 Gedanken zu „Die Gegner der Bahn sind deren Chefs

  1. Arne Meyer

    Hallo Herr Tauss, volle Zustimmung für Ihre deutlichen Worte. Der Blick nach England und 30 Jahre zurück zeigt doch genau, wo die Entwicklung der DB hin geht. Da gibt es nichts zu diskutieren. Und ich bin nicht der einzige unte den Kollegen, der leider nur noch auf Auto und Flugzeug setzt. Wenn ich in Wiesbaden einen Kunden besuche, brauche ich von Frankfurt City aus 90 Minuten Nahverkehr oder in der Regel 25 Minuten Pkw. Worüber wollen wir dabei eigentlich noch diskutieren? Da können Millionen in die Erde verbuddelt werden, ich komme dennoch nicht schneller von A nach B. Herzliche Grüße aus Rhein-Main
    Ihr Arne Meyer

  2. Zeta

    Wenn immer wieder ICEe den Halt in Wolfsburg „vergessen“, dann sind das deren Fahrer, die nicht 100% Einsatz zeigen, nicht die Bahnführung.

    Meiner Erfahrung nach können Schaffner in Regionalexpressen viel zum Image der Bahn beitragen – sie tun es zum Schlechten. Sie sind stumm, wenn es Verspätungen zu erklären gäben, oft muffelig im Umgang mit Fahrgästen. Die Durchsagen allerdings, muss man zugestehen, sind deutlich besser geworden und vermeiden oft im Gegensatz zu früher, nur nuschelnde Unlust auszustrahlen, im Gegenteil.

    Ich bin mit den Leistungen der Bahnen oft zufrieden, wenn auch in der serviceorientierten Ausgestaltung viel Spielraum nach oben bleibt. Aber dieses inzwischen im Generalkonsens oft nur noch reflexartige, rituell betriebene Spotten über die DB geht einem nur noch auf die Nerven. Es diskreditiert echte Kritik, weil diese in der pauschalen Miesepeterpampe untergeht. Und das Einschießen auf Feindbilder wie Mehdorn, Grube oder Kefer ist kindisch, heimst einem vielleicht an Stammtischen viel zustimmendes Gemurmel ein…

    Freundliche Grüße!

    Anmerkung tauss: Verantwortliche sind zu benennen. Da bin ich anderer Auffassung. Die Verrottung der Technik zu Gunsten der Prestigeprojekte hat System Ich bleibe dabei: Der Fisch stinkt vom Kopf her.Und das liegt nicht an unteren „Dienstgraden“. In diesem Falle war unser junger Fahrbegleiter sehr bemüht und sehr fassungslos. Ich fürchte, er wird auch in Sarkasmus und Igelhaut gezwungen.

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