SPD: Fremdschämen ist angesagt

Warum ich mich noch über die SPD Baden-Württemberg „aufrege“, werde ich gelegentlich gefragt. Sogar von meiner Frau. Gute Frage. Gebrochen habe ich mit der Partei, und sie mit mir, nach fast 4o Jahren spätestens 2009. Dennoch sind diese 40 Jahre auch eine Erklärung. Man schüttelt sie nicht einfach ab. Selbst wenn man aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskommt.

„Fremdschämen“ sei ihr gegenwärtiger Zustand, sagte mir kürzlich ein noch immer eingeschriebenes SPD- Mitglied in Anbetracht des Leitantrags der baden-württembergischen Genossen für deren nächsten Landesparteitag. Fremdschämen. Das dürfte ein besseres Wort als „aufregen“ sein. Wofür auch aufregen? Leider versäumte es die designierte neue Landesvorsitzende, hier eigene Akzente zu setzen. Inhaltlich kommt, neben dem allfälligen wortgewaltigen Bekenntnis zur SPD zu sich selbst als „sozialer Partei“, neu gerade noch Breymaiers Lieblingsthema „Prosititution“. Als hätte sich der verklemmte sozialdemokratische Justizminister Maas nicht auch bei diesem Thema gerade hinreichend blamiert. Jetzt soll sich die baden-württembergische SPD in einer Arbeitsgruppe dem Thema widmen. Dummerweise gewinnt man damit nicht einmal Prostituierte aller Geschlechter, geschweige denn die Baden-Württemberger, als Wähler(innen).

Es fehlt dem gegenüber eine klare Positionierung der baden-württembergischen SPD zu den tatsächlichen Themen CETA und TTIP. Was die Basis bewegt bewegt die „Spitze“ der Landes- SPD noch lange und noch immer nicht. Und Breymaier ist nach der Niederlage beim SPD- Konvent in Sachen CETA bereits still abgetaucht. Dem gegenüber haben die Befürworter des sogenannten Freihandels mit dem bisherigen Landesvorsitzenden Schmid und dessen in der Partei endlich abdankendem Kumpel Peter Friedrich noch immer die Meinungsführerschaft. Der Wahlverlierer Schmid will so sogar in den Bundestag befördert werden.

Auch Stuttgart 21 ist kein Thema. Natürlich ist auch nicht zu erwarten, dass die SPD nach all ihren Irrtümern, mit der man die SPD in Stuttgart auf unter 12 Prozent drückte, in den letzten Jahren hier eine Kurskorrektur einleitet. Aber nicht einmal in der Opposition und angesichts des nicht erst heraufziehenden finanziellen Desaster dieses dümmsten Bauprojekts seit dem Turmbau zu Babel traut man sich, wenigstens kritische Fragen zuzulassen oder gar zu stellen.

Ansonsten findet sich im Antragsbuch mit dem genannten Leitantrag auf Seite 4 ein Sammelsurium oberflächlicher Analysen und realitätsferner Gemeinplätze. In bester Manier eines Pofalla wird die Katastrophe Landtagswahl für erledigt erklärt. Die Aufarbeitung sei im Sommer erfolgt. Erledigt. Schluss. Wiederholt werden längst diskutierte, aber immer wieder eingepackte, Textbausteine zur parteiinternen Kommunikation. Gähn.

Und das Schlimmste: In der Partei eines Erhard Eppler ist angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen Entspannungspolitik im Sinne eines Willy Brandt kein Thema. Bürgerrechte, früher auch ein Markenzeichen der baden-württembergischen SPD, spielen überhaupt keine Rolle. Erst recht nicht bei Breymaier, die am liebsten per Strafrecht in die Schlafzimmer der Bürger eingriffe. Ein Neustart sieht anders aus. Die Demontage der noch nicht gewählten Landesvorsitzenden und langjährigen stellvertretenden Landesvorsitzenden und deren designierter Generalsekretärin ist bereits im Gange. Dafür müssen nicht Kritiker von außen sorgen. Dazu ist die Landtagsfraktion allein befähigt. Zu mehr auch nicht.

Siehe hierzu auch Kontext: http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/290/frau-jung-links-3943.html

oder meinen Kommentar zurLandtagswahl

Ein Gedanke zu „SPD: Fremdschämen ist angesagt

  1. Claus Stroheker

    Hallo Jörg,

    auf Grund Deiner Antwort in der KONTEXT Wochenzeitung suchte ich und fand Dich hier.

    Ja, die SPD – egal auf welcher Politikebene – macht sehr viel mehr falsch als sie richtig macht, und das wird, so ist zu befürchten, mit der Leni Breymaier und ihrer Generalsekretärin nicht wirklich besser.

    Nur, die LINKE ist ja keine wirkliche Alternative, und die GRÜNEN machen sich gerade auch unwählbar – zumindest hier im Ländle. Oder wie siehst Du das?

    Herzliche Grüsse
    Claus

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