Beteiligung im Musterländle. Muster ohne Wert?

„Wir wollen Baden-Württemberg zum Musterland von lebendiger Demokratie und Bürgerbeteiligung machen“ 

Gisela Erler, Staatsrätin (Grüne) für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung

Und so wird ein tolles neues Beteiligungsportal geschaffen:

http://www.baden-wuerttemberg.de/de/beteiligungsportal-info/

Schön. Also testen wir mal das Musterland in Sachen lebendiger Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Vor geraumer Zeit fragte ich nach der Haltung der Landesregierung in Sachen Finanzierung S21. Es ging um grundgesetzliche Probleme der Mischfinanzierung von Schienenprojekten. Die Frage ging an den Ministerpräsidenten in seinem Staasministerium und den stellvertretenden Ministerpräsidenten im Finanzministerium. Keine Antwort .

Gisela Erler fragte ich darauf hin, wie es sich mit der Beantwortung von Fragen durch Ministerien denn so verhielte. Ihr Büro verwies auf mangelnde Kapazität und auf später. Bis heute: Keine Antwort.

Die Integrationsministerin Bilkay Öney, Lobbyistin pro Beschneidung von Jungen, wurde gefragt, ob sie wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen hätte, die ihre befürwortende Haltung („alles kein Problem“) begründen könnte. Keine Antwort. 

Der Innenminister erhielt Fragen nach dem in der Koalitionsvereinberung versprochenen und bereits für Frühjahr 2012 (!) angekündigten Informationsfreiheitsgesetz und der Bürgerbeteiligung dazu. Keine Antwort. 

Vielmehr wurde via Presse mitgeteilt, ab „Herbst (2012?) solle „eine Beteiligungsplattform an den Start gehen, über die via Internet Gesetzesvorhaben kommentiert werden können.“ Stand? Fehlanzeige.

Immerhin teilte die grüne Landtagsfraktion, wohl stellvertretend für die Exekutive mit,

zum jetzigen Zeitpunkt kann über die zentralen Inhalte des IFG allerdings noch nichts gesagt werden, da sich die Arbeiten erst am Beginn befinden.

Der Entwurf würde dann breit diskutiert. Auf der groß angekündigten Beteiligungsplattform? Fehlanzeige. So hat man sich Bürgerbeteiligung immer vorgestellt, dass wenigstens ein REGIERUNGSENTWURF breit und brav diskutiert werden darf.

Anstatt die Chance zu nutzen und mit einem Call for Papers die Informationsfreiheitsära in Baden-Württemberg einzuläuten, wird im stillen Kämmerlein von Beamten des Innenministeriums an einem Entwurf gewerkelt. Von jenen Beamten also, denen jede Form der Akteneinsicht traditionell ein Gräuel ist. Und so hört man, man wolle im Frühjahr (welchen Jahres?) einen Entwurf auf der Basis des IFG des Bundes vorlegen, das im Mai 2012 von der Verwaltungsuni Speyer evaluiert wurde.

So hätte man sich Grünrot schon immer vorgestellt: Man orientiert sich in Sachen Informationsfreiheit ausgerechnet an einer schwarzgelben Evaluation im Bund.

PS: Auf Ihrer neuesten Homepage will die Landesregierung nun wissen, ob die Bürgerinnen und Bürger „stärker an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden wollen“. Sie wollen. Zu über 80%. Jetzt sollte die Landesregierung nur noch durch Taten statt Ankündigungen beweisen, dass sie auch will. Will sie? Zweifel sind angebracht. Siehe oben. Die Landesregierung bittet noch um etwas Geduld.