Von Kernkraft und Schweinen

Man kann darüber streiten, ob der Begriff „Schweine“ in der politischen Diskussion immer sinnvoll anwendbar ist. Die TAZ machte es im Artikel „Die Dreckschweine von der Atomlobby“. Ich mache es weniger gerne, denn bei Schweinen handelt es sich durchaus um nette, sozialverträgliche und intelligente Tiere. Das hatte die TAZ dann sicher auch bemerkt und in ihrer Überschrift Schweine durch das Wort Methoden ersetzt.

Allerdings ist der Zorn des Autors bezüglich der gut organisierten, weltweit vernetzten und milliardenschweren Atom-Lobby bei der Ursprungsüberschrift nachvollziehbar. Da ist zuförderst die Internationale Atomaufsicht = Atomlobby IAEO oder IAEA. Sie wird von Deutschland mit rund 26 Millionen Euro (8,5% des Etats) als drittgrößtem Beitragszahler mitfinanziert (USA 25%, Japan 16%).

IAEA Generaldirektor ist übrigens passend der Japaner Yukiya Amano. Er ist Jurist und Karrierediplomat und schon von daher geeignet, sich global kompetent um die Sicherheit von Kernkraftwerken zu kümmern. Besser einsetzbar ist der als SEHR höflich bekannte Mann da schon für Kontakte zu anderen Atomschurkenstaaten wie Nordkorea oder Iran. Aber hier soll es um die friedliche Nutzung der Kernenergie gehen, ohne die man dummerweise im Bedarfsfalle aber auch nicht wirklich an Kernwaffen herankommt. Und so muss schon wegen des Friedensnobelpreises die Friedlichkeit der obersten globalen Atommafia seit deren Grundsatzpapier von 1963 auch immer betont werden:

…die Rolle der IAEO während der nächsten Jahre wird es sein, die Mitgliedstaaten bei der Vorbereitung der Einführung der Atomenergie in ihren verschiedenen friedlichen Anwendungen zu unterstützen, besonders hinsichtlich der Energieerzeugung … Das Langzeitprogramm basiert auf der Überzeugung, dass die Förderung der Atomenergie der wichtigste Beitrag der IAEO zur Wirtschaft und zum allgemeinen Wohlstand sein wird….“

Das wird die Japaner aktuell freuen zu hören. Und am 26. 4. können die Menschen in Weißrussland den 25. Tschernobyl-Jahrestag ihrer Wohlstandsmehrung feiern. Überhaupt fallen der obersten Atom“aufsicht“ sofort beschönigende Formulierungen ein, sobald es für die Kernkraft kritisch wird:

„Die Anlagen werden bei Überschreiten bestimmter sicherheitsrelevanter Grenzwerte automatisch abgeschaltet“, teilte gestern selbst unser bestinformiertes Umweltministerium mit. Diese Weisheit kam zuvor von der IAEO, die schon im Angesicht des japanischen Desasters stolz vermeldete, vier Kernkraftwerke seien sicher heruntergefahren worden. Heute wissen wir, dass dieses sichere Herunterfahren eine Kernschmelze dummerweise nicht ganz ausschliesst. Aber nur das ist die eigentliche Aufgabe der IAEO und unserer Bundesumweltkernkraftminister: Vertuschen, verharmlosen, weiter so.

Deshalb hat die IAEO auch schon 1958 die Zuständigkeit für den Gesundheitsschutz zu Lasten der Weltgesundheitsorganisation WHO an sich gerafft. In einem Abkommen wurde festgelegt, dass Forschungsprojekte, deren Resultate potentiell die Förderung der Atomindustrie behindern könnten, entweder gar nicht oder nur noch von der IAEO gemeinsam mit der WHO durchgeführt werden können.

TOT ist nicht KRANK

Die  Folge dieser fatalen Fehlentwicklung wurde nicht erst nach der Tschernobyl-Katastrophe sichtbar. Als damals Kritik und Protest gar zu lästig wurden, startete die Wiener Behörde das „International Chernobyl Project“: Die Studie zu den betroffenen Republiken (Rußland, Ukraine und Weißrußland) kam zum erstaunlichen Schluss, „dass keine Schädigung der Gesundheit der betroffenen Bevölkerung durch die Strahlenbelastung festgestellt werden konnte“. Dumm nur, dass dies Hunderte von Notfall-Einsatzkräften nicht mehr mitbekommen hatten. Vor allem die ersten Arbeiter am zerstörten Reaktorblock, die Liquidatoren, starben noch jugendlich und heldenhaft an offensichtlich bester Gesundheit. Sie konnte man aus der Studie so schon einmal herausrechnen. Wer mit 30 Jahren schon TOT ist, kann glücklicherweise nicht KRANK oder gar verstrahlt sein.

Rund 4.500.000 Menschen haben durch Tschernobyl eine erhöhte Strahlendosis abbekommen und leben wegen der 30-jährigen Halbwertszeit von Cäsium im Langzeitlaborversuch, sofern ihr Dorf nicht umgesiedelt wurde. Sollten sie sich unwohl fühlen, liegt es also bestenfalls immer am fetten Essen und am russischen Wodka. Diese Laster der Eltern erklären auch die Immunschwäche und sonstige Beeinträchtigungen von 80% aller neugeborenen Kinder in Belarus.

Aber nicht nur in den von Tschernobyl betroffenen Staaten fiel OSART- Kernenergieexperten der IAEO nicht viel auf. OSART steht für Operational Safety Review Team. In diesem Team sollen Experten der IAEO, die über umfangreiche betriebspraktische Erfahrungen in Kernkraftwerken in allen Teilen der Welt verfügen, zusammen arbeiten. Sie prüfen, ob die Betriebsführung eines Kernkraftwerks den internationalen Maßstäben entspricht (Zitat EnBW).

Ist es aber nicht merkwürdig, dass „Experten“ bei solchen betriebspraktischen Prüfungen eigentlich nicht die nahe liegende Frage einfällt, wie ein im pazifischen Raum bekannt selten vorkommender Tsunami eventuell ein direkt am Meeresstrand gelegenes Kernkraftwerk und dessen Kühleinrichtungen beeinträchtigen könnte? Oder sind solche Fragen nicht im Sinne des IAEO – Chefs, der zufällig aus Japan kommt?

Es bedarf jedoch keiner Verschwörungstheorie: Es geht der IAEO allein um die Verbreitung aber nicht um die Gefahren der Kernenergie. Die Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs“ (IPPNW) kritisierte schon anlässlich der wirklich skandalösen Verleihung des Friedensnobelpreises zutreffend, dass „eine Behörde, deren Ziel es ist, den Ausbau der Atomenergie weltweit zu beschleunigen und auszuweiten, nicht zu einer friedlichen und gesunden Welt“ beitrage. Genau so ist es.

Die deutsche Atomlobby

Diesem hehren Ziel des Ausbaus und des Schönredens widmen sich natürlich auch die deutschen KKW- Lobbyisten, die sich, wie alle guten Deutschen, in gut organisierten Vereinen zusammengeschlossen haben: Neben den bekannten Kraftwerksbetreibern ist als hiesiger Vereinssitz der Informationskreis Kernenergie am Berliner Robert-Koch-Platz 4 zu benennen, wo die nach Tschernobyl gegründete INFORUM GmbH residiert. Sie ist eine 100%ige Tochter des Deutschen Atomforums e. V., verlegt Pro-Kernkraft-Material und organisiert die vom Deutschen Atomforum e. V. und der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. veranstalteten Tagungen.

Von keinem Verein habe ich übrigens in meiner Zeit als Forschungspolitiker im Deutschen Bundestag mehr Einladungen bekommen. Die Propaganda vom gefahrlosen und notwendigen Betrieb von Kernkraftwerken rieselt von dort unablässig auf alle herab, die es hören oder nicht hören wollen. Man geriert sich sogar gerne als Umweltschützer, weiss aber auch, wann man sich mal politisch zurückhalten sollte. Dann werden Werbeagenturen für E.on & Co aktiv.

Das liest sich dann so: Die Thematisierung der Kernenergie im Wahlkampf ist nicht im Sinne von E.on.“ Ziel müsse vielmehr sein, dass „eine scharfe emotionale Debatte unterbleibt“. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass vor allem die Anhänger von SPD und Grünen mobilisiert würden (Spiegel).

Kein Wunder, dass sich Bundesumweltminister Röttgen heute gemäß dieser Gebrauchsanleitung beim NRW-CDU- Parteitag gegen politische Diskussionen über die Sicherheit und Laufzeit von Kernkraftwerken in Deutschland wandte. „Ich halte das für völlig deplaziert“, soll der Minister betont haben

Sonst ist, zu besseren Zeiten, die Unionssensibilität für politische Auseinandersetzungen zum Thema Kernkraft je nach Saison allerdings weniger ausgeprägt.

Wenn jetzt die deutschen Grünen, die Linken und der kernenergiefeindliche Teil der SPD die Fakten anerkennen würden und ein Bekenntnis zur Kernenergie abgäben, wäre Deutschland einen riesigen Schritt weiter auf dem Weg, auch in der Zukunft saubere, sichere und bezahlbare Energie gewährleisten zu können (CDU-Homepage vor ca. 1 Jahr).

Damals ging es um die Laufzeitenverlängerung

Aber genau deshalb muss jetzt diskutiert werden. Jetzt, wo Tausende, möglicherweise Millionen, von Menschen in Japan wie zuvor schon in anderen Teilen der Welt gerade den sicheren Betrieb von Kernkraftwerken hautnah erleiden müssen. Jetzt. Und nicht dann, wenn es den Lobbyisten und deren politischer Helfershelfer von Mappus bis Röttgen und Merkel vielleicht wieder einmal genehmer ist. Sorgen wir dafür, dass eine scharfe und angesichts der Tragödien auch emotionale Debatte geführt wird. Wann, wenn nicht JETZT?

Anmerkung: Viele Informationen zur IAEO und zur Atomlobby habe ich immer wieder von meinem früheren SPD-Fraktionskollegen, dem alternativen Friedensnobelpreisträger Hermann Scheer erhalten, dessen Stimme gerade in dieser Situation um so schmerzlicher vermisst wird.

16 Gedanken zu „Von Kernkraft und Schweinen

  1. drautzburg

    Mich würde einmal interessieren, wie riskant konventionelle Kraftwerke (Kohle, Gas) im Vergleich zu Kernkraftwerken sind. Ich bin etwas verunsichert, weil in der öffentlichen Debatte diese Risiken überhaupt nicht erwähnt werden. Kann man davon ausgehen dass sie vernachlässigbar sind?

    Ebenso habe ich keine klare Vorstellung davon, wie problematisch die Entsorgung des Mülls von konventionellen Kraftwerken ist. Ich meine damit gar nicht mal den C02 Ausstoß, sondern den ganz normalen Müll, wie die Abfälle aus der Rauchgasreinigung. Die sind doch auch giftig und müssen irgendwo endgelagert werden.

  2. robotologe

    Lieber Herr Tauss,

    Zu Punkt 2:
    Das Abfall Problem besteht ja nicht erst seit gestern; mir ging es vor allem darum, dass auch ein abgeschaltetes Kraftwerk noch ein enormes Risiko ist. Schließlich hört es nicht einfach auf zu strahlen und eine Naturkatastrophe wirkt sich dort genauso verheerend aus 🙂

    Zu Punkt 3:
    Nur noch eine kurze Anmerkung, und nein, mir gehts nicht ums Recht-Haben 😉
    Ein Ausstieg auf europäischer Ebene wäre natürlich der Idealfall, was nicht bedeutet dass Deutschland nicht einfach mal den Anfang machen sollte. GdvZ!

  3. robotologe

    Diese ominöse Atomenergie“behörde“ hat keinerlei Befugnisse, sie kann höchstens Richtlinien aufstellen die niemanden interessieren, tragischerweise auch die Japaner nicht.

    bzgl Ausstieg:
    Bis vor kurzem habe ich Atomkraft als notwendiges Übel akzeptiert, fand die Lösung billig und gut. Zwei Tage nach meinem Japan-Urlaub sah das Ganze dann anders aus, ABER, den Mist haben wir jetzt an der Backe, ob wir jetzt abschalten oder nicht.

    Nicht falsch verstehen, ich bin für einen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft, mittlerweile. Nur bringt der Europa nicht viel, ausser dass Deutschland ein gutes Öko-Gewissen hat. Ein Ausstieg ist imho nur europaweit sinnvoll, alles andere ist bullshit. Es stellt sich aber die Frage, was wir mit den abgeschalteten, noch munter vor sich hinstrahlenden AKWs machen, das Kind ist hier auch ohne Super-GAU schon längst in den Brunnen gefallen.

    Anmerkungen tauss:

    1.Die IAEO hat zur Aufgabe, Kernkraft weltweit zu fördern. Es ist die bestvernetzte globale Lobby mit immensen Mitteln. Sie verhindert die Nutzung von Alternativen.

    2. Mit jedem Tag des weiteren Betriebs verschärft sich das Abfall – Problem. Das ist bei einem stillgeelgten AKW nicht der Fall.

    3. Da eine europäische Lösung nicht in Sicht ist, macht ein Ausstieg Deutschlands Sinn. Es wäre das globale Signal, dass ohne Wohlstandsverlust eine Industrienation auf Kernkraft verzichten kann.

  4. stoertebeker

    @ Ich

    Ich habe mir Ihre Antwort nun ziemlich oft durchgelesen und nach Argumenten gesucht die für Sie sprechen, nur, es ist keiner zu finden; so leid es mir tut.

    Ich gestehe ein, dass es berauschend sein kann, beruflichen Erfolg zu haben und 200% zu geben. Ich kann auch verstehen, dass man nach irgendetwas sucht, um diesen Einsatz zu rechtfertigen. Aber ab diesem Punkt wird es bizarr.

    Es liegt ganz allein in Ihrem Ermessen, ob Sie sich kaputtschuften und einen Herzinfarkt erleiden, oder ob sie auf die Warnsignale achten und einen Gang zurück schalten. Niemand zwingt Sie, totalen Raubbau an Ihrem Körper zu betreiben.
    Nichts hält Sie davon ab, in eben diesem Moment eine Familie zu gründen und für einen gesunden Ausgleich zu sorgen. Nichts.

    Wer mit achtstelligen Beträgen hantiert, sollte in der Lage sein, jemanden einzustellen und Aufgaben zu deligieren um seine Gesundheit zu schonen.

    Doch dann wird es kriminell. Wenn ich genau weiß, dass die günstigen Preise des afrikanischen Logistikunternehmens nur erzielt werden können, weil Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, dann muß ich das Angebot ausschlagen und mir ein anderes Unternehmen suchen (was Sie später ja sogar getan haben. Warum nicht gleich?). Sie tun ja gerade so, als würde der Preis wirklich alles rechtfertigen. Das ist ein Irrtum.

    An mehreren Stellen in Ihrem Posting, gestehen Sie ein, dass Sie sehr wohl wussten welche Sauerei sie anstellen. Doch dann werden alle bedenken hinweggefegt, indem Sie anmerken, dass der Preis ausschlaggebend war.

    Merken Sie was?

    Sie bauen Scheiße und rechtfertigen es damit, dass die Dollars blinken und dass es alle tun. Sie tun gerade so, als würde die Tatsache, dass es skrupellose, gewissenlose und kriminelle „Unternehmer“ gibt, einen geradezu dazu zwingen, ein noch größeres Schwein zu sein. Dem ist nicht so.

    Ich bleibe dabei: Ich hoffe Sie tragen nirgendwo Verantwortung für irgendwas!
    Leider muss ich aufgrund Ihrer Antwort annehmen, dass dem wohl leider so ist.

  5. Ich

    @ stoertebeker

    Noch vor 12 Jahren war ich sehr sozial angagiert, habe Grün und ÖDP gewählt und mich auf ein normales Leben gefreut. Während meines Studium hatte ich plötzlich eine Idee für ein Produkt, nach ca. 18 Monaten war das zu einer vermarktbaren Erfindung ausgereift und es fand sich ein Partner mit dem es sich realisieren ließ.

    Das Geschäft lief zu Beginn schleppend, aber plötzlich (weshalb, das wissen wir bis heute nicht) hatten wir Nachfragen, die unser, auf 7 Angestellte angewachsenes, Unternehmen komplett sprengten. Mit den unterzeichneten Aufträgen haben wir Risikokreditgeber gefunden und kurz darauf jonglierten wir mit ACHT-stelligen Beträgen herum.

    Wenn man 85 Stunden pro Woche arbeiten muß, dann hat man keinen anderen Lebensinhalt mehr, als die Arbeit, dann verschieben sich alles auf den Job. Da hat man keine Zeit mehr, nach Links und Rechts und was in der Welt passiert zu schaun, das Produkt und das Unternehmen nehmen einen vollkommen ein. Um das, gerade da ich noch keine Familie gegründet hatte, so durchzuhalten, brauchte ich ein neues Lebensziel, das Naheliegenste war der „Unternehmensgewinn“.

    85 Stunden, das ist auch Raubbau am eigenen Körper und irgendwann hatte es dann gerappelt, ich hatte einen kleinen Herzinfarkt.
    Jetzt, da ich nur noch 30 Stunden pro Woche arbeite schau ich auch wieder nach rechts/links, blicke in die Welt und finde langsam zu anderen Lebenzielen zurück, aber das braucht noch seine Zeit.

    Früher hätte ich es als lächerlich abgewunken, aber es stimmt viel zu oft: Erfolg und Geld verändern einen Menschen extrem.

    Ein Beispiel:
    Ich habe über zwei Jahre hoch giftige Substanzen in West-Afrika gekauft, die im Hafen von Rabat umgepackt werden mußte, da sie in diesen Blechfässern nie in die Niederlande hätten eingeführt werden dürfen. Aber da gab es Betriebe, die machten das für weniger als 12% des Preises, den ein deutsches Unternehmen fordert.
    Habe ich da irgendwelche Verantwortung für die Menschen, die das hergestellt haben? Oder für den Ozian, der durch den Transport bis Rabat gefährdet wurde? Rechtlich ganz sicher nicht, das ist Sache des Betriebseigentümers vor Ort und des Transportunternehmens. Aber moralisch war das eine exteme Sauerei auf Kosten anderer.
    Inzwischen lassen wir in Ludwigshafen fertigen, ganz umweltgerecht, ganz sauber, ganz teuer.

    Das war damals keine böse Absicht, so nach dem Motto „dann beute ich ebend afrikanische Menschen aus“. Das Schicksal der Menschen war mir auch nicht egal, ich hab sie schlicht ausgeblendet. Die Frage „Wie wird das produziert?“ hat sich mir nicht gestellt, es gab das Zeug dort für unter 9$ pro Liter, damit war die Entscheidung gefallen.

    Irgendwann gab es einen Produktionsausfall, weil hoch giftige Lauge unkontrolliert reagiert hat, es gab Tote und Verletzte. Von da an wußte ich über die Produktionsbedingungen bescheid. Natürlich meldet sich dann das Gewissen, aber auch die Angst vor eigener Schuld.
    Als Mensch hätte ich sofort 50T€ an die Betroffenen geschickt, aber das wäre ein Schuldeingeständnis gewesen, also vertuschen, Schwamm drüber und langsam mal nach einem deutschen Hersteller umsehen, was aber fast 4 weitere Monate benötigte, in denen wir weiterhin aus Afrika beliefert wurden.
    Ich frage mich aber auch, wenn ich nicht frei in meiner Entscheidung gewesen wäre, sonder unter Druck von Oben gestanden hätte, hätte ich dann auch den Anbieter gewechselt, oder die Folgen für die dortigen Arbeiter komplett ausgeblendet und dauerhaft so weiter gemacht?

    Wenn die $$$ blinken, dann sieht man nur noch wenig außen herum.

    Wie kommst du darauf, ich wäre damit der Einzigste? Die Presse ist voll von denen, die mit ihren Schweinereien auffliegen und das ist immernoch nur die Spitze des Berges.

  6. Dr. John

    Ich habe schon abgeschaltet! Weil ich meinen Strom seit Jahren aus regenerativen Quellen beziehe. Komischerweise ist dieser auch nur 1 Cent teurer, also etwa 4%. Wirtschaftlich betrachtet wären die Kosten für 20.000 Jahre Endlagerung des Materials, Sicherung und Versicherung der Kraftwerke auf den Atom-Strompreis aufzuschlagen. Geschätzt wäre die Kilowattstunde dann eher bei 150 Cent.
    Und ja, auch Uran ist endlich. Wahrscheinich sogar schenller als das Öl. Beim Abbau entstehen immense Umweltbelastungen, die daraus resultierenden CO2 Belastungen werden dem Strom als Sekundärenergie aber leider nicht zugerechnet. Weiter: Bahnfahren ist auch nicht umweltfreundlicher als mit dem Auto. Und so weiter. Ergo: Ziel kann nur sein, die Verwendung von Eneergieträgern sinnvoll zu gestalten und auf Überflüssiges zu verzichten. Jede Energieform ist in diesem Sinne „dreckig“.

  7. Hirn

    Enttäuschter hat recht. Die ständig „ABSCHALTEN!-ABSCHALTEN!“ vordern haben keine Ahnung. Wenn der Strom nicht mehr hier reicht, holen wir den Strom von Ausland her, auch Atomstrom. Bravo. Wenn man die ganzen Wutbürger selbst Ideen hätten, wie man genug Flächendeckend Ökostrom erzeugt, das geht zu weit. „Sollen doch die da oben sich darum den Kopf machen.“

    Anmerkun tauss: Es wäre wünschenswert, wenn man sich vor dem Verfassen von Kommentaren mit dem Inhalt des Kommentierten auseinandersetzte und dazu mal sein Hirn strapaziert, liebes Hirn

  8. Enttäuschter

    „Sorgen wir dafür, dass eine […] emotionale Debatte geführt wird“…

    Schade. Ich hatte die Piratenpartei mal in dem Versuch wahrgenommen,
    Rationalität in den politischen Diskurs über Kinderpornografie und
    andere emotional aufgeladenen Themen zu bringen.
    Transparenz in den Filz rund um die Menschen, die gewissenlos Leid
    verursachen und die anderen Menschen, die gewissenlos von diesem Leid
    profitieren.

    Transparenz würde auch bei der Diskussion über die Kernenergie
    helfen. Was sind denn die Interessen, welchen Einfluss haben die
    Krisengewinnler z.B. auf die Sicherheitsfähigkeit der Industrie
    gehabt, und warum braucht es überhaupt eine monolithische „Atomlobby“?
    Komplexes Thema, ähnlich wie Fragen des Jugendschutzes nicht mit ein
    paar dummen Le-Pen-Statements zu diskutieren. Hier wären Menschen
    gefragt, die Politik nicht an Stammtischen machen.

    Stattdessen stimmen jetzt auch die Piraten in den
    „ABSCHALTEN!-ABSCHALTEN!“-Chor ein. Chance, sich einmal durch einen
    rationalen Beitrag zu profilieren, für immer verpasst. Wenn ich das
    Mitschwimmen im ausschließlich an Verkaufszahlen orientierten
    Presse-Hype will, kann ich auch die Grünen wählen. Schade, schade,
    schade.

    Anmerkung tauss: Erstens bin ich nicht der Sprecher der Piraten. 2. habe ich genau diese angesprochenen Punkte thematisiert. Insofern verstehe ich diese Kritik nun überhaupt nicht. Es sei denn, man unterstellt, mit den „Krisengewinnlern“ und der Atomindustrie sei eine Sachdebatte machbar. Sie ist es nicht.

  9. Rebekka

    Je mehr follower, desto mehr Idioten wie küchenschwamm. Solltest du mal 20.000 follower haben, wird das noch viel schlimmer sein.  Und: Schmeiß die Idioten doch einfach raus. Du kannst doch mit DEINEM Blog machen, was DU willst. Dein Blog ist doch keine Pinnwand, wo jeder jeden Blödsinn draufpappen kann.  
    Die können sich ja selbst ein Blog machen. 

    Übrigens: wieder ein sehr interessanter Enthüllungsbericht.

    Anmerkung tauss: Ich bin ein Gegner von Zensur. Und eine gewisse Trollerei vermittelt auch ein Bild, wobei es da sicher Grenzen gibt 😉

  10. stoertebeker

    @Ich: Ich bin froh, dass bei weitem nicht jeder denkt wie Sie. Hoffentlich tragen Sie nirgendwo Verantwortung für irgendwas.

    „Ich habe einen Betrag und ich bin bei Weitem nicht der Einzigste“ <- Das ist wirklich erschreckend. Kein Geldbetrag der Welt sollte hier hoch genug sein. Fatalismus dieser Art macht mir wirklich Angst; umso mehr wenn versucht wird, ihn als mehr oder weniger normal zu verkaufen.

  11. Ich

    Das sagen die Lobbyisten und Regierenden so zwar nicht, aber aber man könnte meinen, dass sie so denken:

    Solange wir hier keinen SuperGau haben, sollten unsere Atomkraftwerke als sicher gellten. So viel Fairnis gegenüber den Betreibern sollten wir schon zeigen, denn was können die dafür, was in Japan passiert. Wenn es hier mal zum GAU kommt, dann können wir immernoch über den Atomausstieg reden. Abgesehen davon kann man mit Atomenergie viel Geld verdienen und das kann nur gut sein für das Volk.

    Moral- und Gewissenlosigkeit ist im allgemeinen Geschäftsleben doch nicht die Ausnahme, nicht einmal nur Standard, sondern es ist eine Minimalvorraussetzung um die großen Gewinne einzufahren. Das Geld / der Gewinn zählt und sonst nichts. Der Mensch (als Lebewesen) wird in Geld gegengerechnet, bzw. ist schlicht unbedeutend.

    Jetzt, wo ich hier vor dem PC sitze, über Atomkraft nachdenke, da sehe ich das so, da sehe ich die Fehler in der Welt, aber wenn ich zu mir ehrlich bin, dann muß ich auch sagen, dass beruflich ganz genauso denke. Geld verdienen um jeden Preis, solang ihn ein anderer bezahlt, dafür bin ich immer zu haben.

    Dabei handelt es sich bei diesen Menschen aber nicht nur um die Big-Player, Banker, Manager, Selbständige, usw. Wer Kollegen mobbt um sich in eine bessere Position zu bringen, wer dem Kunden unnütze Versicherungen aufschwatzt oder wer im Laden Müll anpreist um ihn zu verkaufen denkt doch ganz genau so.

    Jeder hat seine eigenen Grenzen und um so weiter sie gesteckt sind, um so größer ist der geschäftliche Erfolg.
    Im Grunde kann man sagen, wer auf die Frage „Für wieviel € würdest Du einen Menschen töten, wenn Du keine strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten hast?“ eine Betrag nennt und sei er auch noch so irreal, ist nicht anders.
    Ich habe einen Betrag und ich bin bei Weitem nicht der Einzigste.

    Jemand wie Jörg Tauss hat keinen Betrag, da bin ich mir sicher und viele seiner Leser auch nicht, denn Ihr habt andere Ziele im Leben gefunden, als den wirtschaftlichen Erfolg.

    Aber Ihr habt einen schweren Stand, denn die Mächtigen zu ändern bringt Euch nichts, Ihr müßt fast alle Menschen ändern, sonst rücken nur die nach, welche Ihr nicht geändert habt.

    Manchmal, so wie jetzt, denke ich darüber nach, aber das ist zu selten und der einzigste langanhaltende Erfolg daraus ist, dass ich den Atomkonzernen nicht mehr böse sein kann, denn ich wäre in ihrer Position doch genauso rücksichtslos.

  12. Name (pflicht)

    Tja Herr Guttenberg hat es erfolgreich vorgemacht. Will ich die politische Debatte vermeiden, schiebe ich die Opfer vor und treffe die Leute mit einer emotionalen und ausweichenden Antwort.

    Keines der deutschen Kernkraftwerke lief Störfrei. Manchmal war es nur Zufall, dass GAU oder Super-GAU verhindert wurden. Und unsere KKWs sind auch nicht mehr Stand der Technik. Verweis: http://www.ausgestrahlt.de/sicherheitscheck

    „auch in der Zukunft saubere, sichere und bezahlbare Energie gewährleisten zu können“ – Der Slogan der CDU.

    Bezahlbar ist diese Technik leider nur, weil sie massiv subventioniert wird. Das fängt bei den Versicherungen der Kraftewerke an geht über die vom Steuerzahler bezahlten Einsätze für die Sicherung der Castorbehälter bis hin zur Sanierung der Zwischenlagerstätten durch den Staat. Hier sei die Asse genannt. Der Umgang mit dem radioaktiven Abfall zeigt, dass wir eigentlich gar nicht bereit sind, für eine solche Technologie. Wir können weder den Abbau des Kernmaterials, die Produktion von Strom und die Aufbewahrung für die Ewigkeit sicher, störungsfrei und ökologisch garantieren.

    Folglich sollten wir die Finger von der Technologie lassen. Es gibt soviele Alternativen, doch verschleppen wir Weiterentwicklung, Forschung und Investitionen aufgrund der enormen Laufzeiten dieser Kraftwerke.

    Zuletzt möchte ich noch auf den Podcast von Elementarfragen verweisen, gerade weil es optimal passt.

    http://elementarfragen.de/2010/06/ef03-tschernobyl/

  13. Küchenschwamm

    Ach ja Herr Tauss kann meinen guten Beitrag nicht freischalten, weil er auf einer Demo ist. Sie glauben doch nicht etwa das sie damit die 5% Hürde schaffen? 😉

  14. Küchenschwamm

    Si haben völlig Recht. Wir sollten für unseren Strom strampeln. Es gibt doch genug Arbeitslose, die könnten völlig Ökologisch Strom erzeugen. Wenn das nicht reicht kann der Strom auch rationiert werden. Vor 200 Jahren gab es auch kein Strom und die Menschen leben heute noch

    Anmerkung tauss: Warum werde ich zur Zeit eigentlich von einigen derart besonders intelligenten Zeitgenossen wie diesem Küchenschwamm verfolgt?

  15. MissGeschick

    Genau meine Vorstellung bestätigt, wie sowas in der Politik gehandhabt wird.

    Jedem sollte die Welt das wichtigste sein, für das es sich lohnt sich einzusetzen, wer sonst, schenkt Leben und lässt Leben? Ohne Welt, keine Menschen.
    Gibt es noch weniger Hoffnung dieser Tage?

  16. Pingback: Froschs Blog » Blog Archive » Japan: Erdbeben, Tsunamis und (Super-)GAU

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