Die fränkische Kennedy-Saga

Seit der schwedischen Monarchenhochzeit gab es nicht mehr viel adlig Neues zu berichten. Diese nachrichtenarme Zeit hat uns der durch seine Fönfrisur bekannte Journalist und Moderator Dr. Hajo Schumacher mit einem welt-online Beitrag zu „unseren Guttenbergs“ etwas erträglicher gemacht.

Sein Artikel zum Traumpaar der deutschen Seele, an Rührung und edlem Gedankengut bestenfalls noch durch die Sissi- Verfilmung in den 50iger Jahren übertroffen, muss  daher feuilletonistisch einfach gewürdigt werden. Nachstehend werden die schönsten Zitate und Absätze aus diesem Werk (jeweils kursiv) auch mit einigen persönlichen Anmerkungen versehen.

Natürlich beginnt der Artikel mit dem Hinweis auf das derzeit in gewisssen Journalistenkreisen von BILD bis RTL2 heiss beworbene Buch der Gattin zu Guttenberg, auf das unten noch intensiver eingegangen werden wird. Auch hier deshalb der kurze Werbeblock: (Stephanie zu Guttenberg: Schaut nicht weg!, 177 Seiten, Kreuz- Verlag).

Aber nun zu Doktor Schumachers Eloge:

Der beliebteste Politiker Deutschlands kam etwas zu spät zur Buchvorstellung seiner Gattin. Die Geschäfte hatten ihn mal wieder aufgehalten.

Meine Frau ist eigentlich immer sauer, wenn ich zu ihr wichtigen Themen zu spät komme und eigene wichtige Geschäfte vorschiebe. Deshalb traute er sich wohl nicht nach vorne. Zur Vermeidung des absehbaren ehelichen Konflikts musste Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester. so sein voller Name, deshalb kreativ werden:

Jeder andere Politiker hätte die Chance genutzt, sein Zuspätkommen als Einmarsch zu inszenieren.Aber ein Stil-Profi wie Karl-Theodor zu Guttenberg weiß um den Wert demonstrativer Zurückhaltung. Also bleibt er ganz hinten stehen und überlässt nur ihr die Bühne, die ihr Buch gegen Kindesmissbrauch präsentiert.

Wie niedlich! Wie könnte sie ihm mit hoheitlichem Augenaufschlag da noch zürnen, zumal Hajo weiss:

Afghanistan ist eben kein Kindergeburtstag, sondern die heikelste Mission, die die deutsche Politik zu vergeben hat.

Wer hätte das gedacht? Afghanistan ist kein Kindergeburtstag. Und ER kam zu spät, weil wohl gerade mal wieder Stau auf der Autobahn in Richtung Kabul war. Wer hätte da nicht Verständnis? Hört sich doch besser an als die Ausrede: Liebling, der Mercedes ging kaputt. Mein Fahrer hatte mal wieder die Inspektion vergessen.

Denn dort, am Hindukusch,  …geht es um Leben und Tod, um den globalen Kampf von Gut gegen Böse, um elementare Werte – exakt seine Flughöhe.

Ok. Dagegen kann man zu Hause nicht nach dem Motto anstinken: Du bist schon wieder zu spät gekommen. Geh doch zu Deinen blöden Soldaten… Bleib doch gleich dort….Heul, schnüff, schmoll……oder was sonst noch an Szenen in einer Ehe möglich wäre.

Nein!  Der geliebte Mann Guttenberg, ganz versierter Politiker, hat diese für ihn potenziell unerquickliche Situation geschickt gerettet, indem er ihr laut BILD nach ihrer Rede dann auch noch „stolz die Wange streichelte“. Wie könnte sie ihm da böse sein? Aus der letzten Reihe vorne Wange streicheln. Das muss einer erst können.

Natürlich weiß er, dass seine kalkulierte Bescheidenheit wahrgenommen wird. Was ein Mann: so edelmütig, uneitel, mitfühlend! Sie wiederum widmet „Schaut nicht weg!“, das Werk mit dem engagierten Titel, „meinem geliebten Mann und meinen Töchtern. Sie sind der Fels in der Brandung, ohne sie wäre alles nicht möglich“. Ja, das muss Liebe sein, Verantwortung, eine emotionale, gleichwohl tiefschürfende Interpretation von konservativ ohne den beißenden Geruch schlechtlauniger alter Männer.

Wow. Solche Formulierungen müssen einem erst einfallen. Die schlechtgelaunten alten Männer werden zwar namentlich nicht genannt. Doch unwilllkürlich denkt man bei so viel Schmalz an die alten Christdemokraten Bosbach oder Schäuble. Nicht immer formuliert Schumacher so zartfühlend. Bei ihm verkommen „ehedem kritische Journalisten nämlich schon mal zu Lauterkeitskaspern.“ Er meinte damit natürlich nicht sich selbst, denn kritischen Journalismus muss sich unser „Welt“ – Autor nun wirklich nicht  vorwerfen lassen, wie sein gesamter Jubelartikel zu den Guttenbergs zeigt.

In Rekordzeit sind Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg zum Traumpaar der Berliner Republik aufgestiegen. Endlich kann Deutschland wieder mithalten im internationalen Herzenswettbewerb. Wie selbstverständlich haben die Guttenbergs die Rolle der Ersatzmonarchen übernommen, stolz, edelmütig und strahlend schön. Ein Geschenk des Himmels für ein Land, das zwischen Tradition und unsicherer Zukunft nach Orientierung sucht. „KaTe“, 38, wie Freunde ihn nennen, und seine Stephanie, 33, füllen endlich ein emotionales Vakuum der deutschen Seele…. Dieser Kanon, im Gestern verwurzelt und dem Morgen zugewandt, bedient die Heile-Welt-Sehnsüchte von gefühlten 80 Prozent der Deutschen.

Die Ersatzmonarchen! Genau! Das waren noch Zeiten, als die Guttenbergs noch als Raubritter durchs Land zogen und mit deren Kumpel von Absberg, dem „Schrecken Frankens“, schon mal anderen Leuten zur „Strafe“ die rechte Hand abhackten. Oder als wir noch richtige Monarchen hatten. Wer erinnert sich bei so viel royalistischer Wallung nicht gerne an die heile Weltkriegsführung Wilhelm des Zweiten, an die sagenhaft verwunschenen Ereignisse um Ludwig, also den in bayerischen Gewässern verschollenen Erbauer Neuschwansteins? Oder denken wir  gar an den Papa von Friedrich II, also Friedrich I, der den schwulen Lover seines lieben Sohnes, Hans Hermann von Katte, mal eben so per Weisung ans Gericht hinrichten liess! Und Friedrich musste zur Warnung dabei auch noch zuschauen. Tja- das sind die anrührenden monarchistischen Geschichten, nach denen 80% des „Vakuums der deutschen Seele“ lechzt.

Natürlich sind die Guttenbergs von heute ganz anders. Die von den Vorfahren geraubten Ländereien und Besitztümer gehören nun endgültig ihnen und dem Clan nunmehr ganz legal. Guttenbergische Schlösser wurde unter Verletzung des Denkmalschutzes zuletzt im Jahre 1523 angezündet, was als stabile Lage bezeichnet werden kann. So ist er also wirklich zu beneiden:

Nicht er braucht die Politik, sondern sie braucht Leute wie ihn, der mit edler Herablassung vor allem eines signalisiert: Unabhängigkeit. Und so stehen die Guttenbergs nicht nur (Anmerkung: Die Formulierung nicht nur ist aber sehr aufmüpfig, lieber Dr. Schumacher!) für karrierehungrige Tagespolitik und blonde Charity, sondern für die schönen, langen Linien eines romantischen Urgefühls: Ländereien, ein Schloss und das Gespür für angemessenen Ton, die Bereitschaft zum öffentlichen Auftritt, den Kampf für die Seelen missbrauchter Kinder, noch versehen mit einer homöopathischen Dosis freakigen Schmuddels in Form eines AC/DC-T-Shirts.

Zu den missbrauchten Kindern kommen wir später. Aber ein AC/DC- T-Shirt. Igitt igitt: Das ist ein wirklicher Fauxpas, lieber Herr Schumacher. Steffi hat sich doch gerade in ihrem Buch gegen das sexualisierte Gehabe in Musikvideos ausgesprochen. Es ist unfair, Steffis dagegen gerichteter Kampf ausgerechnet damit zu konterkarieren, in dem man die edle Herablassung der Dame aus bismarckschem Geblüt zu den sexualisiert freakigen Schmuddeljungs von AC/DC schelmisch in Beziehung setzt.

Auch wenn jeder dieser AC/DC- Typen in jeder Kneipe kerniger, sympathischer und authentischer sein dürfte als es Karl- Theodor zu Guttenberg wohl je sein wird:  Steffi huldigt da offensichtlich falschen Vorbildern für unsere arme verderbte Jugend! Der AC/DC Bon Scott starb durch Alkoholvergiftung an dem eigenen Erbrochenem, Phil Rudd stieg wegen Alkoholabhängigkeit aus, Malcolm Young hatte auch jede Menge Promille. Von anderen Eskapaden wollen wir gar nicht erst reden. Diese AC/DC- Verehrung Stephanies darf, auch wenn sie sie nur homöopathisch sein sollte, von Schumacher mittels eines solch perfiden Nebensatzes nun wirklich nicht verharmlost  werden!

Zumal solche Kritik virtuos die Mutterseele trifft, wenn sie gegen die pornografisierte Gesellschaft wettert, eine Pop-Nudel wie Lady Gaga zur Ursache alles Bösen erklärt.

Genau! Die Mutterseele ist gefragt, wenn der eigene pubertierende Nachwuchs durch Lady Gaga frühzeitig falschen Frauenbildern anhängt, wie Stephanie in ihrem Buch zu berichten weiss! Aber apropos Gaga. Widmen wir uns weiter der Lyrik Dr. Schumachers:

Der Politiker Guttenberg bringt das Kunststück fertig, als Schwan im Schwarm struppiger Brückentauben wahrgenommen zu werden. Ja, er ist Politiker, und doch wird er ganz anders wahrgenommen.

Politiker und Schwan unter Brückentauben! Das rückt ihn in ganz neue Sphären: Wen aber meint Schumacher mit den Brückentauben? Hier wird er im Gegensatz zu den alten Männern endlich ganz deutlich:

Ob Merkel oder Gabriel, Westerwelle, Trittin oder Seehofer, sie alle sind angestrengte Emporkömmlinge.

Da haben wir sie! Emporkömmlinge! Ohne Adel! Ohne Stammbaum! Ohne Raubritterblut! Nur mit bürgerlicher Herkunft! Kein Guttenberg würde je eine Angela Merkel heiraten oder gar einen Trittin zum Tag der offenen Tür ins Schloss bitten. Noch nicht mal Ländereien hat dieses Gesocks.  Wie nur können es sich die erdreisten, Politik machen zu wollen? Deshalb ist klar:

NICHT ER BRAUCHT DIE POLITIK, DIE POLITK BRAUCHT LEUTE WIE IHN (Schumacher)

Also IHN, den kühnen Franken:

..der sich beim Opel-Streit kühn gegen die Kanzlerin stellt oder sich wie Dean Martin im Glanz des nächtlichen Manhattan knipsen lässt.Wenn sich so einer ohne Not in die Niederungen der Gremien begibt, dann scheint es ihm wohl ums große Ganze zu gehen, um Prinzipien, Pflichtbewusstsein. Um all das, was die Politik längst verloren zu haben scheint.

Aber warum nur tut er sich das ohne Not an, statt auf den Schlössern der Väter oder im nächtlichen Manhattan zu weilen? Die Antwort auf diese die Nation bewegende Frage lautet schlicht und ergreifend Pflichtbewusstsein.

Die Guttenbergs fallen auch auf, weil der Rest der politischen Klasse mit ihrem Mittelmaß eine ideale Bühne bietet, auf der die fränkischen Kennedys einfach auffallen müssen. Ernste Konkurrenz droht allenfalls noch von Ursula von der Leyen, gleichfalls aus edlem wie betuchtem Hause und gleichfalls im Rang einer patriotischen Pflichtmaschine.

Patriotische Pflichtmaschine aus edlem wie betuchten Hause! Welch geniale Wortschöpfung. Das erklärt alles. Unvermeidlich enthält uns Schumacher die Defizite der patriotischen Pflichtmaschinen derer zu und von der Leyens  glücklicherweise  auch nicht vor:

Nur hat Herr von der Leyen so gar keine Chance gegen Stephanie, die Ururenkelin von Otto Fürst von Bismarck, die eine Spitzenbluse mit verhaltener Laszivität zu tragen weiß. Nein, die Guttenbergs bedienen als Monopolisten jene deutsche Sehnsucht nach einem Traumpaar mit Niveau.

Wieder eine Formulierung, auf die man erst einmal kommen muss! Traumpaar mit Niveau mit verhaltener Laszivität. Man muss sich Herrn von der Leyen in dieser Bluse gar nicht erst vorstellen, um zu erkennen, dass er da natürlich schon verloren hat. Dies verhaltene Laszivität bringt uns jetzt aber endgültig zu den Kennedys.

Was um Himmels Willen hat Herrn Schumacher zu diesem gewagten fränkisch- irisch-amerikanischen Vergleich verführt? Kennedy entspringt laut Wikipedia zwar dem gälischen Wort „cinneidigh“ was übersetzt „schwarzer Kopf“ bedeutet. Dies mag in Anbetracht der CSU- Mitgliedschaft vieler Guttenbergs noch auf einen gewissen logischen Zusammenhang schliessen lassen. Doch darüber hinaus bleibt er uns jeden sonstigen Beleg für die fränkischen Kennedys schuldig.

Erinnern wir uns jetzt erneut an die Spitzenbluse mit verhaltener Laszivität. So eine trug wohl die arme Rosemary Kennedy, bevor sie wegen ihres „umtriebigen Wesens“ auf Wunsch der Familie einer Gehirnoperation mit anschliessender lebenslänglicher Behinderung unterzogen wurde. Vorsicht Steffi! Gehirne kann man heute noch operieren!

Dem Gatten sei dem gegenüber von einem fränkischen Chappaquiddick abgeraten. Wir erinnern uns, dass Ted Kennedys Wahlkampfhelferin dort ertrank. Keiner wusste, was die beiden an diesem Bach nächtens und mitten im Wahlkampf verloren hatten. Guttenbergs Wahlkampfhelfer leben hoffentlich alle noch! Der Sohn von Robert Kennedy hatte wiederum eine Affäre mit der minderjährigen Babysitterin seiner Kinder, was unsere Pornosteffi (Netzjargon) zu Guttenberg sicher (berechtigt) in ihrem Buch zu kritisieren hätte. Schliesslich beschwerte sich selbst die gute Jacqueline, spätere Onassis,  nicht nur einmal über solcherart üble Manieren und den Umgangston des Kennedy- Clans. Zu diesem liessen sich viele weitere schlüpfrige Details schildern, über die man sonst zu Hofe kaum zu reden wagt. Also, Herr Schumacher: Nehmen sie diesen wenig schmeichelhaften Vergleich der edlen Guttenbergs mit diesen Kennedys umgehend zurück!

Denn Manieren und Umgangston der stolzen Franken sind zumindest in der Neuzeit wenig zu kritisieren. Immerhin gab es in der Familie nach Überwindung der Raubritterzeit (wo gehobelt wird fallen schliesslich Späne) durchaus interessante Persönlichkeiten. Einige brachten Hitler sogar Widerstand entgegen. Andere wiederum beteiligten sich, hübsch adlig ausgewogen, demgegenüber bereits am Kapp-Putsch vor 90 Jahren. Immer gut, wenn man für alle Seiten offen ist!

Um die Familie interessant darzustellen, bedarf es also kaum des hinkenden Kennedy- Vergleichs. Und bei allem Respekt vor dem ermordeten John F.: Vietnam war dessen Krieg. Auch dies dürfte ein falsches Vorbild für einen deutschen Verteidigungsminister sein, der Truppen am Hindukusch befehligt.

Kommen wir nun aber wieder zu Stephanie, Deutschlands „heimlicher First Lady“ (BILD):

Wer wollte kritisieren, dass sie als Präsidentin von „Innocence in Danger“ zur Primetime Volksaufklärung gegen Kindesmissbrauch betreibt? (Sendungen Tatort Internet, RTL2) Dieser Kampf ist von unangreifbarem Edelmut, illustriert aber eben auch ein traumwandlerisches Gespür fürs Volksempfinden.

Das Volksempfinden! Es fehlt eigentlich nur noch die Formulierung GESUNDES Volksempfinden. Und die Frage, wer dies kritisieren wollte, kann  beantwortet werden: Jeder seriöse Journalist sollte die Art und Weise dieser „Volksaufklärung“ kritisieren. Selbst Welt-Online konnte sich am 8.10. mit wenigstens ein bisschen Kritik nicht ganz zurückhalten: „Guttenbergs Auftritt zeugt von guter Absicht… von mehr aber auch nicht.“ Ihr und damit auch „Innocence in Danger“ ist aber noch nicht einmal diese gute Absicht oder gar Edelmut zu unterstellen. Guttenbergs von BILD bis stern hochgejubelter Verein fällt nämlich vor allem durch mangelnde Seriosität und  Falschinformationen gegenüber der Öffentlichkeit auf.

So räumt selbst Guttenberg zwar ein, dass 80-90% aller Taten sexuellen Missbrauchs in der Familie stattfinden. Dennoch suggeriert sie vor allem mittels „Tatort Internet“ das Gegenteil, um daraus die Forderung nach dem in Deutschland bislang erfreulicherweise gescheiterten Zugangserschwerungsgesetz (bekannt als Zensursula-Gesetz) abzuleiten, das in Europa derzeit wieder fröhlich Urständ feiert. Es ist merkwürdig, dass eine vermeintliche Kinderschutzorganisation lediglich einen Vorhang vor den Missbrauch hängen will. Noch merkwürdiger ist, dass diese Organisation allein dank ihrer Beziehungen in Brüssel zu Anhörungen zum Thema „Kinderpornographie“ geladen wird, obgleich sie zum Thema selbst außer Hörensagen kaum etwas beizutragen hat.

Sie widmet sich nicht der Frage, warum beispielsweise das Bundeskriminalamt seit Jahren keine einschlägig bekannten Kinderpornoseiten löschen lässt und sich allen Bemühungen um das Löschen, im Gegensatz zu  betrügerischen Seiten im Bankenbereich, beharrlich widersetzt. Dafür darf der Präsident dieses Bundeskriminalamts in Guttenbergs Buch seinen üblichen und  hinlänglich bekannten Humbug wiederholen, dass es vor allem gesetzgeberischer Massnahmen bedürfe, das Problem zu lösen. Im Buch wird einmal mehr durch Ziercke, dessen gespanntes Verhältnis zur Wahrheit hinlänglich dokumentiert ist, die längst widerlegte Mär vom „kommerziellen Markt“ für Kinderpornografie im Web wiederholt. Diese falschen Behauptungen werden wiederum von Guttenberg in Talkshows und Interviews in die Welt posaunt. Es entsteht der nahe liegende Verdacht, dass es in Wahrheit nicht um sexuell missbrauchte Kinder geht.

Vielmehr soll mit solchen  Behauptungen unter dem Vorwand der Bekämpfung von Kinderpornografie im WWW bis hin zur Vorratsdatenspeicherung die flächendeckende präventive Überwachung der Bürger in Deutschland und Europa herbeigeredet werden.

Interessant ist dessen ungeachtet, dass die Gremien von „Innocent in Danger“ eine Ansammlung adliger Persönlichkeiten darstellen, die sich ansonsten allerdings bemerkenswert wenig um Themen wie Kinderarmut, Kinderarbeit oder Strassenkinder kümmern. Davon findet sich bei dieser Organisation kein Wort. Allein das Intenet scheint deren Problem zu sein. Angesichts der Finanzkraft von Guttenberg & Co ist es unabhängig davon aber eigentlich erstaunlich, dass der Verein selbst auf seinem „Spezialgebiet“ bemerkenswert wenige Projekte realisiert und keinerlei eigene Expertise aufweist.

In Geschäftsberichten ist von in den Jahren 2008 und 2009 für traumatisierte Kinder und Jugendliche durchgeführten Sommercamps die Rede. Wo ist die kontinuierliche Arbeit mit diesem Personenkreis? Welche Studien wurden auf den Weg gebracht und finanziert? Eine Studie zur „Versorgung kindlicher und jugendlicher Opfer kinderpornografischer Ausbeutung in Deutschland“ aus den Jahren 2004 – 2007 wurde jedenfalls von der Aktion Mensch gefördert. Ebenso ein Präventonsmodellprojekt mit „Kreativwochenenden“ 2009.

Aus den Jahren 2010 sind derzeit noch keine Aktivitäten veröffentlicht, die tatsächlich in irgendeiner Form sexuell missbrauchten Kindern und Jugendlichen genutzt hätten. Dafür wurde die Geschäftsführerin des obskuren Vereins, Frau von Weiler, von Ministerin Kristina Schröder gemeinsam mit Georg Ehrmann von der wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken gleichfalls in der Kritik stehenden „Deutschen Kinderhilfe“  in das Bundesjugendkuratorium berufen. Dort agitieren die Beteiligten, wie in Brüssel, für die vom BKA geforderte Zensurinfrastruktur für das Internet. Eine kritische Reflektion, ob dies missbrauchten Kindern überhaupt hilft (es hilft nicht!), unterbleibt.

Deshalb muss man Schumacher dankbar sein, dass er die tatsächlichen Motive des Traumpaars am Schluss seiner Guttenberg-Hymne wenigstens noch erwähnt:

Bleiben sie (also Stephanie und Karl-Theodor) halbwegs fehlerfrei, werden sie spätestens am übernächsten Bundestagswahlkampf als Spitzenkandidaten teilnehmen, zumal nicht eben reichlich junge Alphatiere in der CDU bereitstehen.

Und für dieses Ziel wird selbst der Missbrauch von Kindern für Frau zu Guttenberg zur reinen Effekthascherei.

Deshalb sei Ihnen, lieber Hajo Schumacher,  für diesen Artikel trotz der eklig-elitär-komischen Diktion  gedankt. Zu danken ist Ihnen auch für diesen Satz über Ihre Kollegen, der uns zeigt, wo Sie anzusiedeln sind:

Journalisten sind wie Insekten. Es gibt unzählige Arten: große, kleine, schillernde, giftige, laute, aggressive, träge, lästige.

Hier der Link zum vollständigen Artikel:

http://mobil.welt.de/article.do?id=%2Fpolitik%2Fdeutschland%2Farticle10207855%2FUnsere-Guttenbergs-die-fraenkischen-Kennedys.html

7 Gedanken zu „Die fränkische Kennedy-Saga

  1. Ohm

    Ich glaube es war Otto Habsburg-Lothringen, der einmal meinte: „Es gibt Kranfahrer, die sind Herren und es gibt Adelige, die sind Proleten.“
    Nun, Kranfahrer sind die Guttenbergs sicher nicht …

  2. Christian Röhl

    Wunderbar, Jörg du triffst den Nagel auf den Kopf ich bin diese SuperMonarchen leid! Nur weil der Mann ne Frisur hat wie ein missglückter Versuch sich als Rockabilly zu stylen hat er noch keine Ahnung von Politik, Jedoch muss ich sagen die Sozialdemokraten die meinen geliebten/verhassten Landesverband und Bundesvorstand lenken sind dermaßen drittklassig 🙁

  3. MissGeschick

    Danke für diesen super Beitrag, so hab ich nach langer Zeit mal wieder was von de Blöd Zeitung erfahren, das Niveau wird nicht besser, weder derer die Schreiben. Noch derer über die geschrieben wird.

    Danke auch für die Aufklärung über die Kennedys, hab ich doch lange Zeit hier an die „Gutmenschen“ geglaubt. Den Guttenberg-Verein, hab ich aber direkt durchschaut. So ist das manchmal, wenn die Medien solche Bilder suggerieren.

    Diese Sendung an sich hat mich schon tierisch aufgeregt, denn wie Sie selbst sagen und die Frau Guttenberg selbst weiß, findet Vergewaltigung hauptsächlich im nahen Bekanntenkreis statt, aber anstatt hier Kinder zu schützen, bzw. Eltern zu stärken, dass sie ihre Kinder beschützen können, hält sie die Lüge aufrecht, dass sich massenhaft Pädophile im Netz aufhalten.

    Ich werde erst verstehen, was man alles für Geld und Habgier und Macht tut, wenn ich selbst in der Position bin.

    Wenn es das Schaf im Wolfspelz annähernd gibt, Herr Tauss, so sind Sie eins, für mich 🙂

    Danke

  4. Cornelius Zitzewitz

    Tauss! Was für ein Quatsch aus Ihrem Munde. Typischer Sozi-Sozial-Neid. Die Guttenbergs sind einfach die besten – auf sie hat Deutschland seit 50 Jahren gewartet. Die Guttenbergs sind die Auserwählten und ich freue mich sehr auf eben diese als glamouröses Kanzlerehepaar!

    Anmerkung tauss: Bitte untertänigst, mir die Majestätsbeleidigung zu verzeihen. Eigentlich warten wir auf die schon seit 1918…..:)))

  5. AbbeFaria

    Schöner Artikel. Interessant wie Sie am Ende den Bogen hinbekommen von der Schelte an Schumacher zu Ihrem eigentlichen Angriff auf die erneuten Versuche einer Internetzensur überzuschwenken.

    Ich selbst habe übrigens auch kürzlich im Bekanntenkreis gewettet, das Guttenberg 2017 zum Kanzler gewählt wird, wenn er es vermeiden kann betrunken jemanden zu überfahren (oder ähnliches).
    Wenn 2013 rot-grün (oder vllt grün-rot) den Laden übernimmt ist wohl unter Kanzler Gabriel auch nicht viel Erfreuliches zu erwarten.

    Bis 2017 reift dann in der stummen Mehrheit die Überzeugung: Wenn schon niemand vernünftige, sachliche Politik betreiben kann, dann solls wenigstens Glamour haben, was dann zwangsläufig zu Guttenberg führt.

    ps: Ich glaube Schweden sucht noch gut ausgebildete Einwanderer. Kann mir jemand schwedisch beibringen?

  6. Pingback: https://tauss-gezwitscher.de » Blog Archive » Die fränkische … » my-tag.de

  7. Marc

    Lieber Hajo Schumacher,

    falls Sie dies hier lesen ein gut gemeinter Rat von einem Bürger: Egal was Sie auch für Drogen nehmen, nehmen Sie weniger und machen Sie eine Therapie. Drogen sind auf Dauer meist schädlich für das Gehirn und übrigens auch recht teuer. Außerdem kommt es oft zu einer kognitiven Dissonanz und akuter Realitätsverfremdung.

    Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche eine schnelle Geneserung.

    Mit herzlichen Grüßen!

    PS: Und immer auf’s Volksempfinden achtegeben, gell?!

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